Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Kontingenz
   (lat. = das Zufällige) ist ein philosophischer Begriff für die ”Zufälligkeit “ im Sinn von Nicht-Notwendigkeit eines existierenden Seienden. Das Wesen (So-Sein) u. das Dasein sind von einander unterscheidbar; ihre Einheit ist nicht notwendig (Notwendigkeit). Im Verständnis der K. kann auch das Möglich-Sein enthalten sein.Was von seinemWesen her die Existenz nicht einschließt, verweist den Grund der faktisch bestehenden Einheit von Dasein u. Wesen von sich weg, da jede Faktizität in einer Notwendigkeit gründet u. doch mit ihr nicht identisch sein kann. (Logisch zeigt sich die transzendentale Notwendigkeit, bestimmte Urteile – wie: ”Das habe ich getan“ – als bloß assertorisch anzuerkennen, so daß jedes assertorische Urteil ein apodiktisches in sich enthält u. doch mit ihm nicht identisch ist.) So erscheint eine faktisch bestehende Einheit von Wesen u. Dasein als schlechthin ”gesetzt“ u. getragen vom absoluten Sein Gottes, ohne das es nicht ist u. ohne dessen (implizite) Bejahung es nicht bejaht werden kann. Diese Einheit kann demnach nur als frei von Gott ”gesetzt“ gedacht werden. Von da aus ist K. das philosophische ”Gegenstück“ zum theol. Begriff der Geschaffenheit (Kreatürlichkeit). Der moderne Begriff der Kontingenzerfahrung ergibt sich aus dem Fehlen zureichender Erklärungen für bestimmte Ereignisse oder Verhältnisse, aus der Verunsicherung durch Unvorhersehbares, so daß von heutigen Philosophen u. Soziologen Religion positiv als Praxis der Kontingenzbewältigung angesehen wird.
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