Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Konfuzianismus
   im 19. Jh. geprägter Sammelbegriff für philosophischethische Lehren, die sich in unterschiedlicher Weise auf Konfuzius (lateinische Form von Kongfuzi) berufen. Dieser war der erste chinesische Philosoph († 479 v.Chr.). Auf ihn geht ein Teil der Schrift ”Lunyu“ (= ausgewählte Gespräche) zurück, erhalten in einer Fassung aus dem 2. Jh. v.Chr. Er soll die rituelle Praxis der traditionellen Religion (sog. Ahnenverehrung), ergänzt durch Musik, empfohlen haben, wollte selber aber gültige ethische Werte ergründen (Treue, Gegenseitigkeit, Offenheit für alle Menschen, Ehrfurcht der Kinder vor den Eltern, angemessenes Handeln; er zitierte die Goldene Regel ). Schon bald nach Kongfuzi entstanden mehrere ihn interpretierende u. weiterführende Schulen, die ethisch rigorose Forderungen stellten u. sich zum Teil radikal unterschieden (z. B. in der Frage, ob die Natur des Menschen gut oder schlecht sei). Neben das hochstehende Ideal der Humanität traten in religiöser Hinsicht agnostische Auffassungen (Agnostizismus). Im 2. Jh. v.Chr. erlangte der K. den Rang einer in einem ”Kanon“ (auch mit Überlieferungen aus der Zeit vor Kongfuzi) zusammengefaßten Staatslehre des chinesischen Kaiserreichs. Das staatliche Ritual umfaßte ein Opferwesen, bei dem der Kaiser Himmel u. Erde als die höchsten Götter verehrte, während die Beamten anderen Göttern zu opfern hatten. Seit dem 8. Jh. n.Chr. sind mehrere Wellen von Besinnungen auf den ursprünglichen K. u. Reformbestrebungen zu konstatieren, wobei im 11. Jh. Einflüsse von Buddhismus u. Taoismus zur Geltung kamen. Das Staatskultwesen brach 1911 zusammen. Konfuzianische Tugenden wirken vielfach im privaten Leben weiter. Trotz der Verbindung mit den alten Ritualen kann der K. nicht als Religion gelten.
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