Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Kirchenzucht
   die aktive Beachtung der Gemeinschaftsordnung u. die konkreten Anordnungen, um sie zu garantieren oder wiederherzustellen. In der kath. Kirche ist der Begriff K. nicht üblich; die entsprechenden Bestimmungen enthält das Kirchenrecht im Disziplinarrecht u. im Strafrecht. Die biblischen Begründungen werden in den Anfängen des Bußverfahrens (Binden und Lösen , Bußsakrament) gesehen. M. Luther († 1546) sah verschiedene Maßnahmen vor, um anstößiges Verhalten von den Gemeinden fernzuhalten u. Täter durch Besserungsstrafen zur Umkehr zu bewegen: Verweigerung der Sakramente, der kirchlichen Amtshandlungen (Trauungen, Beerdigungen usw.) u. der kirchlichen Rechte (v. a. passives Wahlrecht). In den reformierten Kirchen kam eine strikte Aufsicht über die öffentliche Sittlichkeit hinzu. War in der röm.-kath. Kirche die Sorge um die Kirchenordnung u. die Rechtgläubigkeit in eine nicht zu rechtfertigende Kooperation mit der weltlichen Gewalt übergegangen (Inquisition) u. waren die Kirchenstrafen vielfältig politisch mißbraucht worden, so waren doch auch die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen von solchen Fehlentwicklungen nicht völlig frei. Die Einflüsse der Säkularisierung, der Glaubensverdunstung u. die Entfremdung zahlreicherMenschen von der Kirche haben eine Mentalität erzeugt, die weithin für Verfahren der K. kein Verständnis mehr hat oder der kirchliche ”Maßnahmen“ gleichgültig sind. Bei den verbliebenen Kirchenmitgliedern beider großen Kirchen haben Lehrbeanstandungsverfahren nicht die gewünschte Wirkung einer Vertiefung der Identifizierung mit der Kirche; im kath. Bereich stößt die Verweigerung der Zulassung (zivil) wiederverheirateter Geschiedener zur Eucharistie auf Unverständnis u. Widerspruch.
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