Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Kirchengliedschaft
   Die Frage nach der Zugehörigkeit zur Kirche setzt natürlich die Frage, was Kirche ist, voraus. Hier können nur einige Gesichtspunkte der kath. Theologie genannt werden. Die ältere Ekklesiologie war von dem Grundsatz Extra ecclesiam nulla salus “ geprägt; die Begründung der Kirchenzugehörigkeit wurde zunächst in Glaube u. Taufe gesehen. Mit der gegenreformatorischen Theologie kam zu diesen ”Bändern “ (”vincula“) des Bekenntnisses (”vinculum symbolicum“) u. des Sakraments (”vinculum liturgicum“) das institutionelle Band der Bindung an den Papst (”vinculum hierarchicum“) hinzu. Die Heilsmöglichkeit für diejenigen, bei denen auch nur eines dieser Bänder nicht im vollen Sinn existierte, bestand nur im Votum; sie gehörten nicht zur Kirche. Das Verständnis der Kirche als Leib Jesu Christi war bestimmend für die Prägung des Begriffs K. Ihm gegenüber bevorzugte das II. Vaticanum den Begriff der Gemeinschaft (Koinonia). Wenngleich das II. Vaticanum sagte, die Kirche Jesu Christi sei ”verwirklicht“ (habe ihre ”konkrete Gestalt“) in der kath. Kirche (LG 8 ), so ist die Kirche im vollen Sinn doch nicht exklusiv mit der kath. Kirche identisch (LG 8 ; UR 3 ): Die (gültige) Taufe bewirkt die K. (LG 7 , 9f ., 11 , 14 f .), die jedoch aus unterschiedlichen Gründen bei den von einander getrennten Kirchen u. kirchlichen Gemeinschaften noch nicht voll entfaltet sein kann. So kann kein Zweifel daran sein, daß getaufte Christen der nichtkath. Kirchen u. Gemeinschaften zur Kirche Jesu Christi gehören, ohne daß sie dadurch der röm.-kath. Hierarchie untergeordnet oder gegen ihren Willen vereinnahmt würden. Sie sind nach UR getrennte Schwestern u. Brüder, die nicht in voller Gemeinschaft mit der kath. Kirche stehen, aber weder Häretiker noch Schismatiker sind (Häresie, Schisma). Die drei ”Bänder“ werden nur zur Kennzeichnung der röm.-kath. Christen verwendet (LG 14 ). Nichtgetaufte Menschen sind in unterschiedlicher Weise auf die eine Kirche Jesu Christi hingeordnet, ohne daß dies als Zugehörigkeit bezeichnet wird (LG 16 ). Die Gnade Gottes eröffnet auch Polytheisten u. Atheisten, die schuldlos an ihrer eigenen Weltanschauung festhalten, Wege zum Heil (LG 16 ; GS 22 ; AG 7 ). Das II. Vaticanum unterscheidet mit Augustinus († 430) zwischen einer Zugehörigkeit zur Kirche ”im Herzen“ u. einer solchen ”dem Leibe nach“ (LG 14 ). Ein kath. Christ gehört nach dem Glauben seiner Kirche ”dem Leibe nach“ zu ihr; daß er auch ”im Herzen“ zu ihr gehört, das kann er nur hoffen.
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