Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Kirchengeschichte
   heißt jene Wissenschaft, die die Geschichte der Verwirklichung der Kirche (des Selbstvollzugs der Kirche) unter allen Aspekten methodisch erforscht u. darstellt. Wenn sie von den Zeugnissen der Offenbarung Gottes über die Kirche u. dem jeweiligen Selbstverständnis der Kirche der Vergangenheit ausgeht, ist sie eine theol. Disziplin. Trotz des unbestreitbaren Methodenpluralismus kann gesagt werden, daß die seit dem 18. u. 19. Jh. erarbeitete historisch-kritische Methode der Geschichtswissenschaft auch die authentischeMethode der K. ist. Trotz vieler wertvoller Bemühungen um Geschichtsschreibung seit dem NT (Lk 1,1–4; Apg 1, 1 f.) u. der Erstellung von Chroniken (erster Versuch, eine Geschichte der Kirche zu schreiben, bei Eusebius von Caesarea um 303), Annalen u. Viten sowie großen geschichtstheol. Interpretationen (Augustinus †430) kann erst der Umgang mit Quellen vom 17. Jh. an wissenschaftlichen Ansprüchen genügen (Dogmengeschichte, Kirchenväter- u. Konzilieneditionen usw.). Sowohl bei einer über die K. hinausreichenden Geschichte des Christentums als auch bei der Religionsgeschichte sind ungeachtet des eigenen theol. Theorieansatzes der K. interdisziplinärer Austausch u. wissenschaftliche Kooperation notwendig; erst recht gilt das für die K. der getrennten Kirchen. Hinsichtlich einer Zielsetzung der K. kommt ihr theol. Ansatz wieder besonders zur Geltung: Sie müßte sich wertend den Fehlern der Kirche in Theorie u. Praxis stellen, der Selbstkritik der Kirche dienen u. versuchen, das von der Kirche unterdrückte Gedankengut zu rekonstruieren.
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