Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Kindertaufe
   Die biblischen Texte über die Umkehr eines Menschen u. die bewußte Annahme des Glaubens in freier, von Gottes Gnade getragener Entscheidung lassen die Taufe von Erwachsenen als den ”Normalfall“ erscheinen. Andere Reihungen (Röm 6,3–11; 2 Kor 4, 6) müssen nicht grundsätzlich dagegen sprechen. Ntl. Zeugnisse können allenfalls von K. in Ausnahmefällen verstanden werden. Die K. bürgerte sich im Lauf der ersten drei Jhh. allmählich ein; sie wurde seit Augustinus († 430) mit der Tilgung der Erbsünde, mit der Furcht, ungetauft gestorbene Kinder würden in die Hölle verwiesen, begründet (zu einer späteren Milderung dieser Ansicht: Limbus). Die Täufer (”Wiedertäufer“) verlangten die Erwachsenentaufe als Zeichen der vorher erfolgten Bekehrung u. Glaubensannahme (seit 1521). Die Reformatoren hielten an der K. fest, weil mit ihr das Zuvorkommen der Gnade Gottes bekundet werde. Das Konzil von Trient verteidigte die K. zur Tilgung der Erbsünde u. lehrte verbindlich, auch kleine Kinder dürfe man nach der Taufe zu den Gläubigen zählen, eine nochmalige Taufe sei zur Gültigkeit ebenso wenig notwendig wie eine spätere bewußte Ratifizierung. Theologisch wird heute das Argument aus dem Zuvorkommen der Gnade Gottes, die jedem positiven Tun des Menschen vorausliegt u. die durch die K. bezeichnet u. im Bekenntnis der Anwesenden zum Ausdruck gebracht wird, als das überzeugendste angesehen. Der dem Säugling u. Kleinkind geltende individuelle Heilswille Gottes wird in der Taufe geschichtlich-kirchlich greifbar zugesagt (als Gabe u. Aufgabe zugleich). Damit wird nicht die Notwendigkeit der K. begründet. Infolge der Revision der Erbsündenlehre ist es in der kath. Kirche möglich geworden, in Fällen, in denen es zweifelhaft ist, ob die Eltern oder Angehörigen von der Bedeutung des Glaubenszeugnisses u. der Glaubensvermittlung an das Kind wirklich überzeugt sind, die Taufe aufzuschieben. Auch wenn die Gültigkeit der K. nicht von einer späteren bewußten Übernahme abhängt, ist es in der heutigen Situation geboten, auf eine solche freiwillige Annahme (Tauferneuerung) hinzuwirken. Die teilweise Ablehnung der K. in ev. Kirchen (K. Barth †1968: die legitime Reihenfolge sei Geisttaufe – Glaubensannahme – Wassertaufe) macht ökumenische Gespräche notwendig.
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