Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Ketzertaufstreit
   Fachausdruck der Theologie- u. Dogmengeschichte für ein im 3. Jh. entstandenes Problem: Sollen Christen, die in einer häretischen oder schismatischen Gemeinschaft getauft worden waren, bei ihrer Konversion zur kath. Kirche noch einmal getauft werden? Das Problem stellte sich in Nordafrika u. Kleinasien; in Rom genügte bei der Wiederaufnahme abgefallener Katholiken die Kirchenbuße. Die afrikanische Kirche (wichtig v. a. eine Synode in Karthago 220, Tertullian † um 220 u. Cyprian †258) sowie mehrere Ostkirchen erklärten die Häretikertaufe für ungültig, weil Häretiker u. Schismatiker den Heiligen Geist nicht hätten u. nicht mitteilen könnten; sie praktizierten eine zweite Taufe. Die Kirchen von Rom u. Alexandrien verzichteten auf sie. Nach mehreren Synodenbeschlüssen für eine zweite Taufe kam es 256 zwischen den Parteien zu dem von Feindseligkeiten geprägten K., der nie offiziell bereinigt wurde, aber sich allmählich legte.Mehrere Synoden befaßten sich im 4. Jh. mit der Frage u. entschieden, daß nur solche ein zweites Mal getauft werden sollten, deren erste Taufe das Bekenntnis zur göttlichen Trinität nicht enthielt. Dies blieb, unter dem Einfluß der Lehre Augustinus’ († 430) von der Unabhängigkeit der Gültigkeit der Sakramente von der Würde der ”Spender“ (Donatismus), die kath. Position bis heute. Die Bedeutung des K. liegt in der theol. Erkenntnis, daß auch in getrennten (objektiv vielleicht häretischen oder schismatischen) Kirchen der wahre Gottesglaube möglich u. eine gültige Taufe gegeben ist, wenn dabei dieser Glaube objektiv bezeugt wird.
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