Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Kausalität
   (lat. = Ursächlichkeit). Die Fragen, warum etwas ist bzw. was ein Seiendes bewege oder verändere, beschäftigten die frühe griech. Philosophie. Aristoteles († 322 v.Chr.) unterschied vier Ursachen: Aus Vorgegebenem (Materie) wird durch eine neue auf es von innen einwirkende Form ein neues; so werden Materie u. Form als innere Gründe oder Ursachen (Material- u. Formalursache) aufgefaßt. Da die Formung eines durch ein anderes immer zielgerichtet ist (Zweck), sind dasWirken selber u. das Ziel als die äußeren Ursachen (Instrumental- u. Finalursache) angesehen. Diese Vierzahl wurde ergänzt durch die äußere Form des Vorbilds oder Urbilds, dem ein Seiendes nachgebildet wird (Exemplarursache). In der Scholastik, vor allem bei Thomas von Aquin († 1274), wurde diese Philosophie genauer durchdacht u. durch die Theorie des metaphysischen Kausalitätsprinzips fundiert. Es besagt: Alles endliche Seiende ist nicht das Sein selbst, daher ist es nicht notwendig (Kontingenz); ist es aber wirklich, dann muß es von einer (Wirk-)Ursache hervorgebracht worden sein. Die Anwendung dieses Prinzips im Rahmen des ersten Gottesbeweises aus der Bewegung (die die Veränderung der Potenz zum Akt meint) gilt heute als illegitim, weil sie Gott als Ursache bei anderen Ursachen einordnet. Ergänzt wird das philosophische Kausalitätsprinzip durch das Widerspruchsprinzip: Das Kontingente ist nicht von seinem Wesen her zum Dasein bestimmt; es kann sein oder nicht sein, da seinWesen nicht der Grund seines Daseins ist. Existiert es im Dasein, dann muß es durch ein anderes zum Dasein bestimmt worden sein. Wäre es nicht durch ein anderes zum Dasein bestimmt worden, so wäre es gleichzeitig zum Dasein bestimmt worden (da es ja existiert) u. nicht bestimmt worden (da es angeblich keine Ursache hatte). Hier stellt sich wieder die theol. Forderung, den transzendenten Grund von der zum Dasein bestimmenden Ursache zu unterscheiden. – In der Theologie- u. Philosophiegeschichte wurde seit Beginn der Neuzeit die Frage diskutiert, ob Gott als die Ursache seiner selbst verstanden werden könne. B. de Spinoza († 1677): Wenn alles Seiende eine Ursache hat u. wenn es nur eine in sich stehende, notwendige Substanz, Gott, gibt, dann fallen Wesen u. Dasein bei ihm in Einheit zusammen, dann muß er die Ursache seiner selbst (”causa sui“) sein. Auch hier wird nicht zwischen Sein u. Dasein unterschieden. Heutige Wissenschaften befassen sich nicht mehr mit ”metaphysischen“ Theorien der K., untersuchen aber Bedingungen u. Wirkungen auf verschiedenen, auch experimentellen, Feldern, wobei sie die Begrifflichkeiten im Hinblick auf ”kausale Zusammenhänge“ gar nicht vermeiden können (z. B. bei Evolution, Chaos) .
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Kausalität