Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Ius divinum
   (lat. = göttliches Recht) ist eine Begriffsbildung, die auf die Einbürgerung des röm. Rechtsdenkens (v. a. Cicero †43 v.Chr.) in die christliche Theologie (Ambrosius † 397, Augustinus † 430 u. a.) zurückgeht, wobei Gott als Gesetzgeber gedacht wurde. Die Unterscheidung zwischen ”göttlichem Recht“ u. ”menschlichem Recht“ wurde in der Scholastik eingehend reflektiert. Dabei wurde das I. d. noch einmal unterteilt in ein ”I. d. naturale“, das schöpfungstheologisch verstanden wurde (Naturrecht; Institutionen dieses Rechts sind z. B. Ehe, Familie, Eigentum, Staat), u. in ein ”I. d. positivum“, womit das in der Offenbarung gesetzte Recht gemeint war (Institutionen dieses Rechts sind z. B. die Kirche, ihr Lehramt, ihre Hierarchie, ihre Sakramente). Die mit der Neuzeit immer drängender aufkommenden Fragen nach der wissenschaftlichen (überprüfbaren) Erkenntnis dieser göttlichen Rechtssetzung wurden bzw. werden in starkem Maß durch das kirchliche Lehr- u. Leitungsamt zurückgedrängt, das sich die Kompetenz zur Erkenntnis u. Interpretation des I. d. zuschreibt. In der Theologie des 20. Jh. wurde wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß die Erkenntnis des I. d. in geschichtlichen Prozessen vor sich geht u. daß auch Entscheidungen, die nach dem Abschluß der amtlich-öffentlichen Offenbarung Gottes getroffen wurden, als Setzungen eines I. d. verstanden werden können. Historische Anhaltspunkte dafür sind u. a. das Faktum, daß der scholastische Begriff einer ”Stiftung“ durch Jesus Christus ”offener “ war u. auch noch nachösterliche Impulse des Heiligen Geistes umfassen konnte, u. daß in früheren lehramtlichen Erklärungen eine kirchliche Position dem I. d. zugeordnet wurde, die dem geoffenbartenWillen Gottes entsprach oder sogar nur ihm nicht widersprach. Der CIC von 1983 spricht von I. d. bzw. ”institutio“ oder ”ordinatio divina“. Auf jeden Fall wäre I. d. nur Gottes Wort im Menschenwort.
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