Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Idealismus
(begrifflich von Idee abgeleitet), ein Sammelbegriff für philosophische Theorien, in denen im Unterschied zum Materialismus den Ideen (dem Geist) im Sein wie in der Erkenntnis der Vorrang zukommt vor dem innerweltlich Seienden. Platon († 347 v.Chr.) unterschied zwei Seinsbereiche, den des übersinnlichen, beständigen ”idealen“ Wesens u. Seins sowie den daran nur teilhabenden (Teilhabe) Bereich der sinnlichen, vergänglichen ”realen“ Seienden. Dabei kommt es der Vernunft zu, die beständige übersinnliche Idee im voraus zu dem zu erkennen, was dann in der wechselnden sinnlichen Erfahrung wahrgenommen wird (”ontologischer I.“). In der Neuzeit wurde die Idee in den Bereich der Subjektivität verwiesen; sie gilt als die Vorstellung, die sich das menschliche Bewußtsein von den äußeren Dingen macht (”psychologischer I.“ im Cartesianismus, bei J. Locke †1704, D. Hume †1776). Bei I. Kant († 1804) u. den ihm folgenden Philosophen erfolgt ein ”Überschritt“ über den Bewußtseinsbereich hinaus zu den noch vor dem Bewußtsein liegenden Strukturen der endlichen Subjektivität, zu dem Bereich der Bedingungen der Möglichkeit endlicher Erfahrungen u. Handlungen. Idee gilt hier als Bedingung der Vernunft, als Regulativ u. Norm (”transzendentaler I.“). Schließlich wird die Meinung wirksam, beim Rückgang in die Subjektivität begreife diese sich selber als die Idee, als einen inneren, absoluten Einheitsgrund, aus dem alles Unterschiedene u. Unterscheidbare erst hervorgingen (”absoluter I.“ bei J. G. Fichte †1814, F. W. J. Schelling † 1854, G. W. F. Hegel †1831). Insgesamt hatte u. hat der I. in allen Spielarten seine große Bedeutung, auch wenn die Versuche, die gesamte Wirklichkeit als ein einziges System zu durchschauen, gescheitert sind. Er besteht auf der Erkenntnisfähigkeit des Verstandes (anders als die irrationalen Mentalitäten), auf der Bedeutung der Bemühungen um Wahrheit (über die praktische Lebensgestaltung hinaus), auf der unabweisbaren Frage nach dem Sinn u. dem Ganzen (gegen den heute weit verbreiteten Positivismus), auf der Erkennbarkeit geltender Normen (gegen den ebenfalls verbreiteten Relativismus) . Eine produktive theol. Auseinandersetzung bestand vor allem in einer bis zur Gegenwart andauernden Kritik an Hegel. Die neuere Theologie, auf ev. Seite schon seit F. Schleiermacher †1834, auf kath. Seite, mit Ausnahme der Begegnung der Tübinger Schule mit dem I., erst nach Überwindung der Neuscholastik im 20. Jh., ist vomI. beeinflußt, wird aber anders als er durch ihr geschichtliches Denken (Geschichtlichkeit) dem Unverfügbaren u. Unkalkulierbaren in der Freiheit Gottes u. derMenschen neu gerecht.
(begrifflich von Idee abgeleitet), ein Sammelbegriff für philosophische Theorien, in denen im Unterschied zum Materialismus den Ideen (dem Geist) im Sein wie in der Erkenntnis der Vorrang zukommt vor dem innerweltlich Seienden. Platon († 347 v.Chr.) unterschied zwei Seinsbereiche, den des übersinnlichen, beständigen ”idealen“ Wesens u. Seins sowie den daran nur teilhabenden (Teilhabe) Bereich der sinnlichen, vergänglichen ”realen“ Seienden. Dabei kommt es der Vernunft zu, die beständige übersinnliche Idee im voraus zu dem zu erkennen, was dann in der wechselnden sinnlichen Erfahrung wahrgenommen wird (”ontologischer I.“). In der Neuzeit wurde die Idee in den Bereich der Subjektivität verwiesen; sie gilt als die Vorstellung, die sich das menschliche Bewußtsein von den äußeren Dingen macht (”psychologischer I.“ im Cartesianismus, bei J. Locke †1704, D. Hume †1776). Bei I. Kant († 1804) u. den ihm folgenden Philosophen erfolgt ein ”Überschritt“ über den Bewußtseinsbereich hinaus zu den noch vor dem Bewußtsein liegenden Strukturen der endlichen Subjektivität, zu dem Bereich der Bedingungen der Möglichkeit endlicher Erfahrungen u. Handlungen. Idee gilt hier als Bedingung der Vernunft, als Regulativ u. Norm (”transzendentaler I.“). Schließlich wird die Meinung wirksam, beim Rückgang in die Subjektivität begreife diese sich selber als die Idee, als einen inneren, absoluten Einheitsgrund, aus dem alles Unterschiedene u. Unterscheidbare erst hervorgingen (”absoluter I.“ bei J. G. Fichte †1814, F. W. J. Schelling † 1854, G. W. F. Hegel †1831). Insgesamt hatte u. hat der I. in allen Spielarten seine große Bedeutung, auch wenn die Versuche, die gesamte Wirklichkeit als ein einziges System zu durchschauen, gescheitert sind. Er besteht auf der Erkenntnisfähigkeit des Verstandes (anders als die irrationalen Mentalitäten), auf der Bedeutung der Bemühungen um Wahrheit (über die praktische Lebensgestaltung hinaus), auf der unabweisbaren Frage nach dem Sinn u. dem Ganzen (gegen den heute weit verbreiteten Positivismus), auf der Erkennbarkeit geltender Normen (gegen den ebenfalls verbreiteten Relativismus) . Eine produktive theol. Auseinandersetzung bestand vor allem in einer bis zur Gegenwart andauernden Kritik an Hegel. Die neuere Theologie, auf ev. Seite schon seit F. Schleiermacher †1834, auf kath. Seite, mit Ausnahme der Begegnung der Tübinger Schule mit dem I., erst nach Überwindung der Neuscholastik im 20. Jh., ist vomI. beeinflußt, wird aber anders als er durch ihr geschichtliches Denken (Geschichtlichkeit) dem Unverfügbaren u. Unkalkulierbaren in der Freiheit Gottes u. derMenschen neu gerecht.