Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Gottesmutterschaft
   Im Lauf der christologischen Auseinandersetzungen in der alten Kirche entstand der Titel ”Gottesgebärerin“ (griech. ”theotokos “, lat. ”Dei genitrix“ oder ”Deipara“) für Maria, erstmals 322 bezeugt. In der Alexandrinischen Theologenschule galt dieser Titel als legitim, weilMaria auch den mit demMenschen Jesus von Anfang an geeinten göttlichen Logos geboren habe (Idiomenkommunikation); in der Antiochenischen Theologenschule wurde er abgelehnt, da die Geburt des Logos von einem Menschen unmöglich sei, Maria heiße zu Recht ”Christusgebärerin“ (griech. ”christotokos“). Im Zusammenhang mit der Verurteilung des Nestorianismus entschied sich das Konzil von Ephesos 431 für ”Gottesgebärerin“, vom Konzil von Chalkedon 451 bestätigt. Biblischer Anhaltspunkt ist Lk 1, 43 (”Mutter meines Kyrios“). Der Titel ist also christologisch zu verstehen. Im gleichen Sinn trat ihm noch im kirchlichen Altertum ”Mutter Gottes“ zur Seite. ”Mutterschaft“ besagt mehr als nur biologisches Empfangen u. Gebären. Trotz der dogmatischen, auch von den Reformatoren nicht bestrittenen Geltung enthalten beide Titel die Möglichkeit des Mißverständnisses, ein Mensch sei konstitutiv für das Zustandekommen der Gottheit. So sind sie z. B. im interreligiösen Dialog nicht übersetzbar (Maria kann z. B. im Gespräch mit dem Judentum nicht ”Mutter JHWHs“ oder ”Gebärerin JHWHs“ genannt werden).
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