Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Gottesfurcht
Die biblischen Zeugnisse sprechen in mehrfacher Hinsicht von einer Furcht vor Gott. Sie umfassen das Erschauern u. Erschrecken, die Angst vor Strafe u. Gericht, Ehrfurcht u. Scheu. Im NT wird die Furcht um das eigene Heil positiv gewertet (Mt 5, 29; 10, 28; Joh 5, 14; Phil 2, 12; Röm 11, 20 u. ö.). Darin liegen sowohl eineWarnung vor leichtfertiger Lebensauffassung als auch vor einer selbstvergessenen, furchtlosen Gleichgültigkeit gegenüber dem eigenen Heil. 1 Joh 4, 18 thematisiert das Verhältnis von Furcht u. Liebe; danach treibt vollkommene Liebe die Furcht aus. Die kirchliche Tradition faßte die G. als das ethisch legitime Motiv auf, das als ”knechtliche Furcht“ (”timor simpliciter servilis“) zum Akt der Reue über die Sünden bewegt. ”Wo natürlich nur die Strafe Gottes als physisches Übel für den Menschen selbst gefürchtet wird u. der sittliche Unwert der Schuld als Widerspruch gegen Gott selbst nicht realisiert u. also an der Schuld als solcher innerlich festgehalten wird (›timor serviliter servilis‹, ›knechtische Furcht‹), da liegt kein sittlicher Akt vor“ (Rahner-Vorgrimler 1961, 150). Auch die ethisch legitime Furchtreue als vorbereitende Stufe im Prozeß der Rechtfertigung ist erst an ihrem Ziel, wenn sie überformt u. integriert ist durch die Liebe zu Gott, in der Gott um seiner selbst willen geliebt u. so die G. zur liebenden Ehrfurcht (”timor filialis“) wird. Die Praktische Theologie hat auf zwei Extreme war-Gottesfurcht 260 nend hinzuweisen, auf eine Drohpädagogik, die den Blick auf den Gott der Offenbarung mit Schrecken verstellt, u. auf eine leichtfertige Vertraulichkeit, in der Gottes Unbegreiflichkeit u. das Unzutreffende jeder Gottesvorstellung letztlich nicht mehr respektiert werden. – ”Gottesfürchtige“ heißen im Frühjudentum u. im NT fromme u. gerechte ”Heiden“ (nicht mit Proselyten identisch).
Die biblischen Zeugnisse sprechen in mehrfacher Hinsicht von einer Furcht vor Gott. Sie umfassen das Erschauern u. Erschrecken, die Angst vor Strafe u. Gericht, Ehrfurcht u. Scheu. Im NT wird die Furcht um das eigene Heil positiv gewertet (Mt 5, 29; 10, 28; Joh 5, 14; Phil 2, 12; Röm 11, 20 u. ö.). Darin liegen sowohl eineWarnung vor leichtfertiger Lebensauffassung als auch vor einer selbstvergessenen, furchtlosen Gleichgültigkeit gegenüber dem eigenen Heil. 1 Joh 4, 18 thematisiert das Verhältnis von Furcht u. Liebe; danach treibt vollkommene Liebe die Furcht aus. Die kirchliche Tradition faßte die G. als das ethisch legitime Motiv auf, das als ”knechtliche Furcht“ (”timor simpliciter servilis“) zum Akt der Reue über die Sünden bewegt. ”Wo natürlich nur die Strafe Gottes als physisches Übel für den Menschen selbst gefürchtet wird u. der sittliche Unwert der Schuld als Widerspruch gegen Gott selbst nicht realisiert u. also an der Schuld als solcher innerlich festgehalten wird (›timor serviliter servilis‹, ›knechtische Furcht‹), da liegt kein sittlicher Akt vor“ (Rahner-Vorgrimler 1961, 150). Auch die ethisch legitime Furchtreue als vorbereitende Stufe im Prozeß der Rechtfertigung ist erst an ihrem Ziel, wenn sie überformt u. integriert ist durch die Liebe zu Gott, in der Gott um seiner selbst willen geliebt u. so die G. zur liebenden Ehrfurcht (”timor filialis“) wird. Die Praktische Theologie hat auf zwei Extreme war-Gottesfurcht 260 nend hinzuweisen, auf eine Drohpädagogik, die den Blick auf den Gott der Offenbarung mit Schrecken verstellt, u. auf eine leichtfertige Vertraulichkeit, in der Gottes Unbegreiflichkeit u. das Unzutreffende jeder Gottesvorstellung letztlich nicht mehr respektiert werden. – ”Gottesfürchtige“ heißen im Frühjudentum u. im NT fromme u. gerechte ”Heiden“ (nicht mit Proselyten identisch).