Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Gnadensysteme
ist ein Fachbegriff der kath. Theologiegeschichte, mit dem die unterschiedlichen Versuche zusammengefaßt werden, wie das Einwirken der Gnade Gottes auf den Menschen so gedacht werden könnte, daß die menschliche Freiheit bestehen bliebe. ”Systeme“ waren diese Versuche insofern, als sie alle Themenkomplexe systematisch einbezogen, die beim Nachdenken über das Verhältnis von Gnade u. Freiheit mit bedacht werden müssen: Gott in seinem Verhältnis zum Nichtgöttlichen, die Gnade u. das Wesen des Übernatürlichen, die ”Natur“, die Sünde u. die ”Erbsünde“ usw. Die wichtigsten G. in der Geschichte der kath. Theologie waren der Augustinismus, der Bañezianismus u. der Molinismus. Die kirchliche Lehrautorität duldete alle drei, sprach sich selber aber nicht für eines von ihnen aus. Keines von ihnen konnte das Ausgangsproblem lösen. Die Versuche, Gottes Verhalten in einer Art Wahrscheinlichkeitsrechnung zu prognostizieren, stellten eine Art gnostischer Logik (Gnosis) dar u. mußten an der Unbegreiflichkeit u. Unberechenbarkeit des göttlichen Geheimnisses scheitern. Unbegreiflich ist bereits das Faktum, daß durch die Erschaffung des Nichtgöttlichen das absolute Sein Gottes u. das kontingente (Kontingenz) u. dennoch wirkliche Seiende (die Kreatur) koexistieren. Das Verhältnis von Gnade Gottes u. Freiheit des Menschen stellt den höchsten ”Fall“ dieser Koexistenz dar, die denkerisch nicht bewältigt, sondern nur die Unverfügbarkeit Gottes respektierend ausgesagt u. gerühmt werden kann. Ebenso ist mit widersprüchlichen Aussagen der biblischen Offenbarung in diesem Problemzusammenhang zu verfahren. Die historischen G. markieren die Grenzen menschlichen Gottesdenkens, sind aber in der gegenwärtigen Theologie nicht mehr von Bedeutung.
ist ein Fachbegriff der kath. Theologiegeschichte, mit dem die unterschiedlichen Versuche zusammengefaßt werden, wie das Einwirken der Gnade Gottes auf den Menschen so gedacht werden könnte, daß die menschliche Freiheit bestehen bliebe. ”Systeme“ waren diese Versuche insofern, als sie alle Themenkomplexe systematisch einbezogen, die beim Nachdenken über das Verhältnis von Gnade u. Freiheit mit bedacht werden müssen: Gott in seinem Verhältnis zum Nichtgöttlichen, die Gnade u. das Wesen des Übernatürlichen, die ”Natur“, die Sünde u. die ”Erbsünde“ usw. Die wichtigsten G. in der Geschichte der kath. Theologie waren der Augustinismus, der Bañezianismus u. der Molinismus. Die kirchliche Lehrautorität duldete alle drei, sprach sich selber aber nicht für eines von ihnen aus. Keines von ihnen konnte das Ausgangsproblem lösen. Die Versuche, Gottes Verhalten in einer Art Wahrscheinlichkeitsrechnung zu prognostizieren, stellten eine Art gnostischer Logik (Gnosis) dar u. mußten an der Unbegreiflichkeit u. Unberechenbarkeit des göttlichen Geheimnisses scheitern. Unbegreiflich ist bereits das Faktum, daß durch die Erschaffung des Nichtgöttlichen das absolute Sein Gottes u. das kontingente (Kontingenz) u. dennoch wirkliche Seiende (die Kreatur) koexistieren. Das Verhältnis von Gnade Gottes u. Freiheit des Menschen stellt den höchsten ”Fall“ dieser Koexistenz dar, die denkerisch nicht bewältigt, sondern nur die Unverfügbarkeit Gottes respektierend ausgesagt u. gerühmt werden kann. Ebenso ist mit widersprüchlichen Aussagen der biblischen Offenbarung in diesem Problemzusammenhang zu verfahren. Die historischen G. markieren die Grenzen menschlichen Gottesdenkens, sind aber in der gegenwärtigen Theologie nicht mehr von Bedeutung.