Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Glaubenssinn
(”sensus fidei“) bezeichnet eine Erkenntnis, die aus dem Glauben kommt u. sich auf Wesensinhalte des Glaubens bezieht. Da er jedem an die Offenbarung Gottes Glaubenden zukommt, meint der Begriff G. das individuelle, vom Glauben u. daher von dem jedem Menschen innewohnenden Heiligen Geist ”erleuchtete“ Bewußtsein. Das kollektive Glaubensbewußtsein heißt ”Gläubigensinn“ (”sensus fidelium“). Vom G. ist der Glaubenskonsens (”consensus fidelium“, Konsens), die aus dem G. erwachsende Übereinstimmung der Glaubenden hinsichtlich bestimmter Glaubensinhalte u. die entsprechende Äußerung dieser Übereinstimmung, zu unterscheiden. Die in den biblischen Zeugnissen eingehend dargelegte Auffassung von Glauben besagt, daß er durch unmittelbares Einwirken des Hl. Geistes in den Individuen erzeugt wird u. daß der Geist dem einzelnen Glaubenden die Möglichkeiten schenkt, die Einsichten in die Offenbarung Gottes zu vertiefen u. eine gottgemäße Lebenspraxis zu entwickeln. Zugleich wird aus diesen Zeugnissen die Einbindung der Glaubenden in die von Gott gewollte Glaubensgemeinschaft deutlich. Damit ergibt sich die Notwendigkeit der Glaubenskommunikation mit dem Ziel, zu einem Konsens zu gelangen. Auf der einen Seite ist dieser Prozeß grundverschieden von elitären u. esoterischen Auffassungen, wie sie in der Gnosis zutage traten. Auf der anderen Seite ist dieser Prozeß, wenn er unter variablen sozio-kulturellen Bedingungen längere Zeit u. in größeren Sozialgebilden (Ortsgemeinden, kirchliche Regionen) verläuft, in der Gefahr, die kirchliche Einheit zu untergraben, so daß von da her die Beziehung deutlich wird, die das kirchliche Amt zu dem primär individuellen G. hat, nämlich die Sorge um Kontinuität des Glaubens u. Identität der Glaubensgemeinschaft. Subsidiäre Eingriffe u. sogar Steuerungen der Entwicklung des G. durch das kirchliche Lehramt sind von da her verständlich. Die eher naheliegende Gefahr ist, daß die kirchliche Autorität den G. übergeht, zumal wenn sie behauptet, eine eigene, andern nicht zugängliche Erkenntnisquelle der Glaubenswahrheiten zu haben. Die ursprüngliche Tradition vom G. wurde von J. H. Newman († 1890) aufgegriffen u. theol. reflektiert. Positiv, aber ängstlich auf die Erwähnung der Anleitung des Glaubenssinns durch die kirchenamtliche Lehrautorität bedacht, äußerte sich das II. Vaticanum zum G. (LG 12 ). Offen gebliebene Probleme sind die Lehrautorität der Gläubigen, die Möglichkeiten einer Konsensbildung u. die Bedeutung der Verweigerung einer Rezeption, die nicht sogleich Häresie oder Schisma ist.
(”sensus fidei“) bezeichnet eine Erkenntnis, die aus dem Glauben kommt u. sich auf Wesensinhalte des Glaubens bezieht. Da er jedem an die Offenbarung Gottes Glaubenden zukommt, meint der Begriff G. das individuelle, vom Glauben u. daher von dem jedem Menschen innewohnenden Heiligen Geist ”erleuchtete“ Bewußtsein. Das kollektive Glaubensbewußtsein heißt ”Gläubigensinn“ (”sensus fidelium“). Vom G. ist der Glaubenskonsens (”consensus fidelium“, Konsens), die aus dem G. erwachsende Übereinstimmung der Glaubenden hinsichtlich bestimmter Glaubensinhalte u. die entsprechende Äußerung dieser Übereinstimmung, zu unterscheiden. Die in den biblischen Zeugnissen eingehend dargelegte Auffassung von Glauben besagt, daß er durch unmittelbares Einwirken des Hl. Geistes in den Individuen erzeugt wird u. daß der Geist dem einzelnen Glaubenden die Möglichkeiten schenkt, die Einsichten in die Offenbarung Gottes zu vertiefen u. eine gottgemäße Lebenspraxis zu entwickeln. Zugleich wird aus diesen Zeugnissen die Einbindung der Glaubenden in die von Gott gewollte Glaubensgemeinschaft deutlich. Damit ergibt sich die Notwendigkeit der Glaubenskommunikation mit dem Ziel, zu einem Konsens zu gelangen. Auf der einen Seite ist dieser Prozeß grundverschieden von elitären u. esoterischen Auffassungen, wie sie in der Gnosis zutage traten. Auf der anderen Seite ist dieser Prozeß, wenn er unter variablen sozio-kulturellen Bedingungen längere Zeit u. in größeren Sozialgebilden (Ortsgemeinden, kirchliche Regionen) verläuft, in der Gefahr, die kirchliche Einheit zu untergraben, so daß von da her die Beziehung deutlich wird, die das kirchliche Amt zu dem primär individuellen G. hat, nämlich die Sorge um Kontinuität des Glaubens u. Identität der Glaubensgemeinschaft. Subsidiäre Eingriffe u. sogar Steuerungen der Entwicklung des G. durch das kirchliche Lehramt sind von da her verständlich. Die eher naheliegende Gefahr ist, daß die kirchliche Autorität den G. übergeht, zumal wenn sie behauptet, eine eigene, andern nicht zugängliche Erkenntnisquelle der Glaubenswahrheiten zu haben. Die ursprüngliche Tradition vom G. wurde von J. H. Newman († 1890) aufgegriffen u. theol. reflektiert. Positiv, aber ängstlich auf die Erwähnung der Anleitung des Glaubenssinns durch die kirchenamtliche Lehrautorität bedacht, äußerte sich das II. Vaticanum zum G. (LG 12 ). Offen gebliebene Probleme sind die Lehrautorität der Gläubigen, die Möglichkeiten einer Konsensbildung u. die Bedeutung der Verweigerung einer Rezeption, die nicht sogleich Häresie oder Schisma ist.