Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Gelassenheit
   als deutscher Begriff von Meister Eckhart († 1328) in die theol. Mystik eingeführt, besagt das ”Lassenkönnen“, mit dem ein Mensch sich von verkehrten Bindungen u. unfreien Abhängigkeiten befreit, um sich in Wahrheit begegnungsfähig zu machen. Das zugrunde liegende Denken u. Handeln ist nichts anderes als Liebe, die das Anderssein des Andern akzeptiert u. darum darauf verzichtet, ihn sich nach seinen eigenen Vorstellungen zurechtmachen zu wollen. Darum sprechen Eckhart u. die ihm folgenden Mystiker sogar von einem ”Lassen“ Gottes. Der erreichte Zustand der G. ist eng verwandt mit der Weisheit, unaufgeregtes Sein- u. Gewährenlassen, aber weder Verweigerung von Zuneigung noch von Engagement. Daher ist sie nicht identisch mit der Apathie der griech. Philosophie u. Kirchenväter u. erst recht nicht mit der Weltflucht des Mönchtums. Eher kommt sie der Indifferenz bei Ignatius von Loyola († 1556) nahe. Verwandt ist die G. auch mit der souveränen ”Großmütigkeit “ (lat. ”magnanimitas“, griech. ”makrothymia“), die das Andersartige gewähren läßt oder es sogar unterstützt, ohne sich mit ihm zu identifizieren (ihrerseits verwandt mit Toleranz). Gegen die Verstellung des Daseins in der Neuzeit durch Technik ist die G. des Denkens bei M. Heidegger († 1976) gewandt.
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