Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Fortschritt
ist der Name eines Prozesses, der durch weltliche u. individuelle Veränderungen, die von Menschen gesteuert sind, bessere Zustände oder Verhältnisse herbeiführt. In diesem Sinn ist F. erst in der Neuzeit im Zeichen der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse u. technischen Möglichkeiten reflektiert u. realisiert worden, stimuliert vom Optimismus der Aufklärung. Philosophische Interpretationen des F. bei I. Kant († 1804) u. G. W. F. Hegel († 1831) universalisierten den Fortschrittsgedanken. Ende des 19. Jh. ist F. ein Aktionsbegriff geworden, von dem aus Geschichte u. Zustände beurteilt werden. Die Weltkatastrophen des 20. Jh., durch Errungenschaften des technischen F. erst möglich geworden u. mit z.T. völligem Verlust der Wertorientierung verbunden, führten zu Pessimismus u. Angst. Während in der ev. Kirche u. Theologie in der 2. Hälfte des 19. Jh. der sog. Kulturprotestantismus unter heftigem Widerspruch den F. bejahte, verhielten sich kath. Kirche u. Theologie zurückhaltend bis abweisend, vor allem wegen des z.T. wertblinden Fortschrittsdenkens in Materialismus u. Liberalismus (Ausnahme: die Unterstützung des F. in der Arbeiterfrage durch die kath. Sozialethik). In der Theologie leugnete die Neuscholastik im Grunde, daß es F. in der theol. Erkenntnis geben könne (Modernismus-Krise). In einer gewissen Blindheit gegenüber den Opfern (Auschwitz als mit nichts vergleichbarem Desaster für Humanität u. Religion; Kriege, Diktaturen) wurde Mitte des 20. Jh. die Mitarbeit am evolutiven F. fast enthusiastisch bejaht (”vorwärts u. zugleich empor“ bei P. Teilhard de Chardin † 1955; Theologien der ”irdischen Wirklichkeiten“; Schöpfungsverantwortung in Wahrnehmung des Auftrags Gen 1, 28; optimistische Sicht der Menschheitsgeschichte im II. Vaticanum GS usw.). Nach den prinzipiellen apokalyptischen Warnungen durch die Politische Theologie werden heute vor allem die gen-technisch möglichen ”Fortschritte “ durch die Bioethik u. die Auswirkungen der Medienwelt weitgehend abgelehnt. Dabei werden echte Fortschritte (Erkenntnis u. vielfache Respektierung der Menschenrechte, Sensibilisierung gegen Rassismus, Sexismus, Gewaltanwendung, Strafjustiz; weltweite Solidarität bei Katastrophen) nicht geleugnet: F. ist ambivalent.
ist der Name eines Prozesses, der durch weltliche u. individuelle Veränderungen, die von Menschen gesteuert sind, bessere Zustände oder Verhältnisse herbeiführt. In diesem Sinn ist F. erst in der Neuzeit im Zeichen der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse u. technischen Möglichkeiten reflektiert u. realisiert worden, stimuliert vom Optimismus der Aufklärung. Philosophische Interpretationen des F. bei I. Kant († 1804) u. G. W. F. Hegel († 1831) universalisierten den Fortschrittsgedanken. Ende des 19. Jh. ist F. ein Aktionsbegriff geworden, von dem aus Geschichte u. Zustände beurteilt werden. Die Weltkatastrophen des 20. Jh., durch Errungenschaften des technischen F. erst möglich geworden u. mit z.T. völligem Verlust der Wertorientierung verbunden, führten zu Pessimismus u. Angst. Während in der ev. Kirche u. Theologie in der 2. Hälfte des 19. Jh. der sog. Kulturprotestantismus unter heftigem Widerspruch den F. bejahte, verhielten sich kath. Kirche u. Theologie zurückhaltend bis abweisend, vor allem wegen des z.T. wertblinden Fortschrittsdenkens in Materialismus u. Liberalismus (Ausnahme: die Unterstützung des F. in der Arbeiterfrage durch die kath. Sozialethik). In der Theologie leugnete die Neuscholastik im Grunde, daß es F. in der theol. Erkenntnis geben könne (Modernismus-Krise). In einer gewissen Blindheit gegenüber den Opfern (Auschwitz als mit nichts vergleichbarem Desaster für Humanität u. Religion; Kriege, Diktaturen) wurde Mitte des 20. Jh. die Mitarbeit am evolutiven F. fast enthusiastisch bejaht (”vorwärts u. zugleich empor“ bei P. Teilhard de Chardin † 1955; Theologien der ”irdischen Wirklichkeiten“; Schöpfungsverantwortung in Wahrnehmung des Auftrags Gen 1, 28; optimistische Sicht der Menschheitsgeschichte im II. Vaticanum GS usw.). Nach den prinzipiellen apokalyptischen Warnungen durch die Politische Theologie werden heute vor allem die gen-technisch möglichen ”Fortschritte “ durch die Bioethik u. die Auswirkungen der Medienwelt weitgehend abgelehnt. Dabei werden echte Fortschritte (Erkenntnis u. vielfache Respektierung der Menschenrechte, Sensibilisierung gegen Rassismus, Sexismus, Gewaltanwendung, Strafjustiz; weltweite Solidarität bei Katastrophen) nicht geleugnet: F. ist ambivalent.