Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Erwählung
   in erster Linie die freie Entscheidung Gottes, Israel zu seinem für alle Zeiten geliebten Eigentumsvolk zu machen, ohne daß dieseWahl in besonderen Qualitäten Israels begründet wäre (Dtn 7, 7; 9, 4 ff.). Für Israel bedeutet das Absonderung von allen anderen Völkern mit ihren religiösen Kulturen u. Annahme des von Gott begründeten besonderen Verhältnisses zu ihm (Dtn 4, 37; 7, 6 ff.; 10, 15; 14, 2). Der Gegenbegriff zu E. ist Verwerfung. Die E. Israels bedeutet keineswegs Verwerfung der nichterwählten Völker; ”auserwähltes Volk“ zu sein, ist kein Anlaß zu Hochmut u. Über-heblichkeit, sondern bedeutet Indienstnahme für die anderen (Gottesknecht u. Völkerwallfahrt in den Jesaja-Büchern). Im Zusammenhang mit den leidvollen Erfahrungen des Antijudaismus u . Antisemitismus ist die Erkenntnis besonders wichtig, daß für das NT die E. Israels ausdrücklich weiterbesteht (Röm 9, 4 f. 11; 11, 18 29; 15, 8). Wenn 1 Petr 2, 9 f. Ehrentitel Israels (auserwähltes Geschlecht, königliche Priesterschaft, heiliges Eigentumsvolk, begnadigtes Volk Gottes) auf die christliche Glaubensgemeinschaft übertragen werden, so ist der gedankliche Hintergrund der, daß Heidenchristen in das Erwählungshandeln Gottes an Israel einbezogen werden (Apg 15, 7), u. keineswegs der, daß die E. der Kirche nun die E. Israels abgelöst habe (vgl. auch Bund). Im NTwird ohne antijüdische Tendenz von der E. Jesu Christi zum erwählten = geliebten Sohn (Lk 9, 35; Mk 1, 11) u. von der E. der Mitglieder der Christengemeinden (häufig) gesprochen, wobei aus der E. von Christen ebenfalls die Konsequenz einer Indienstnahme gezogen wird. In der Theologiegeschichte wurde der Begriff E. individualisiert auf die freie, ungeschuldete Gnade (in der reformatorischen Theologie unter dem Begriff Prädestination) hin, oder aber in die Überlegungen zur Heilsnotwendigkeit der Kirche integriert.
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