Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Bischof
   (deutsches Lehnwort von griech. ”episkopos“ = Aufseher), Bezeichnung für den Inhaber eines kirchlichen Amtes, der nach kath. Glaubensverständnis wegen seiner Zugehörigkeit zum Nachfolgerkollegium des Apostelkollegiums (d. h. kraft ”göttlichen Rechts“ u. in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom) eine Ortskirche (Diözese, Bistum) leitet. Vorgebildet war das Episkopenamt des NT im damaligen griechischen u. hellenistisch-jüdischen Bereich. Nach Apg 20, 28 wird der Dienst der ”Ältesten“ der Gemeinde in Ephesos, die auch ”episkopoi“ heißen, mit einem Hirtendienst verglichen. Weitere deutliche Zeugnisse für die Existenz u. Ausgestaltung des Bischofsamtes in ntl. Zeit sind Phil 1, 1; 1 Thess 5, 12; 1 Tim , 2 ff.; Tit 1, 5 ff. Die Entwicklung des Bischofsamtes von einem Kollegium mehrerer Episkopen innerhalb einer Gemeinde zum ”monarchischen“ Episkopat (Monepiskopat) ist gut erforscht; sie war in der 1. Hälfte des 3. Jh. abgeschlossen (eine ausgeprägte Theologie des B. als des Repräsentanten Jesu Christi bei Cyprian † 258). Ein Konflikt, der wesentlich an der Spaltung der Ostkirchen vom lat. Westen beteiligt war u. der in der westlichen Kirche bis zur Gegenwart andauert, entstand aus dem Anspruch des Bischofs von Rom auf einen Jurisdiktionsprimat über die Gesamtkirche seit dem 3. Jh. Mit der Eigenverantwortung der Bischöfe für ihre Ortskirche u. mit der Institution kollegialer Synoden war dies in der Sicht vieler Ortskirchen nicht vereinbar. Waren die Priester ursprünglich nur die Gehilfen der Bischöfe zweiten Grades, so bedeutete die Entwicklung der Priestertheologie mit ihren Höhepunkten im 12. u. 13. Jh., daß die Priesterweihe als Erteilung der Vollmacht über den eucharistischen Leib Christi höher bewertet wurde als die Weihe zum B., die nun nicht als Sakrament galt. Eine weitere Schwächung in der Einschätzung der Bischöfe ist auf den ausgeprägten römischen Zentralismus mit seinem Höhepunkt in den Papstdogmen des I. Vaticanums 1870 zurückzuführen. Die daraus entstandenen praktischen u. theol. Spannungen u. Gleichgewichtsstörungen suchte das II. Vaticanum (vor allem in LG Kap. III u. in CD) durch Rückkehr zu alten Traditionen zu beheben. Zu ihnen gehörte nicht nur die Bischofstheologie der ersten Jahrhunderte, sondern auch die frühere verbindliche Glaubenslehre, daß der Episkopat ”göttlichen Rechts“ ist, so daß er von keiner Instanz, auch vom Papst nicht, abgeschafft werden könnte. Nach dem II. Vaticanum existieren in der Kirche drei Stufen des kirchlichen Amtes, deren höchste die des B. ist: Die Weihe zum B. ist ein Sakrament u. überträgt die ”Fülle“ des Amtes; in ihr liegt der Ursprung der jurisdiktionellen wie der sakramentalen Vollmachten des B.; durch sie werden die Bischöfe zu Nachfolgern der Apostel, indem sie in das Bischofskollegium eingegliedert werden. Die Versuche seit dem 2. Jh., die Successio apostolica so zu verstehen, als sei jeder B. der Nachfolger eines bestimmten Apostels, werden also aufgegeben u. durch den Gedanken ersetzt, daß das Apostelkollegium (Zwölf) seine legitime Nachfolge im Bischofskollegium hat. Durch dieWeihe werden dem B. drei Ämter übertragen, die der Heiligung, der Lehre u. der Leitung, die jedoch ”nur in der hierarchischen Gemeinschaft mit Haupt u. Gliedern des Kollegiums ausgeübt werden können“ (LG 21 ; insgesamt 21–27). Die Amtsvollmacht üben die Bischöfe nicht als Stellvertreter des Papstes, sondern im Namen Jesu Christi als eigene persönlich aus. In der Eucharistiefeier der Ortskirche, die im Namen des B. vollzogen wird, aktualisiert sich die Gesamtkirche, deren Einheit der B. darstellt (LG 26 ). Einzelheiten in der spannungsvollen Zuordnung von Papst u. Bischofskollegium wurden durch das Kirchenrecht (CIC von 1983) geregelt, in dem die Eigenständigkeit des B. u. die Bedeutung des Bischofskollegiums hinter dem römischen Zentralismus zurückstehen. – Das theol. Verständnis des B. u. seiner Weihe ist in den orthodoxen Ostkirchen nahezu identisch mit der Lehre des II. Vaticanums, nicht jedoch das Verständnis der Kollegialität: Wie in der alten Kirche gilt auch heute in den Ostkirchen, daß die Gesamtkirche eine Gemeinschaft eigenständiger Ortskirchen ist u. sich in deren Leben unter der Leitung der jeweiligen Bischöfe verwirklicht, während das gesamtkirchliche Kollegium nur in außergewöhnlichen Fällen zu einem ökumenischen Konzil zusammenkommt.   In röm.-kath. Sicht ist der B. zuerst Mitglied des Bischofskollegiums unter dem Vorsitz des Papstes u. von dort aus der Leiter seiner Teilkirche. In den aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen wächst die Neigung, ein die Gemeinden übergreifendes, kollegial strukturiertes Amt der Leitung u. Aufsicht wiederzugewinnen. Eine ökumenische Basis ist mit dem Verständnis einer wirklichen Nachfolge der Apostel im Amt der Verkündigung des Evangeliums gegeben. Divergenzen bestehen hinsichtlich der sakramentalen Weihe u. der mit ihr übertragenen Vollmachten sowie hinsichtlich der Dreigliedrigkeit des kirchlichen Amtes mit der ”Fülle“ im Bischofsamt.
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