Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Begierdetaufe
   (lat. ”baptismus flaminis“) ist ein Begriff im Zusammenhang mit der Frage, wie ein Mensch, der nicht ausdrücklich an Gott u. seine Offenbarung glaubt, der nicht im amtlich greifbaren Sinn zur Kirche gehört u. nicht getauft (Taufe) ist, das ewige Heil bei Gott erlangen kann. Die Frage ist bis heute ökumenisch wichtig, weil im NT , besonders bei Paulus, die Rechtfertigung des Menschen vor Gott (allein) durch den Glauben zentrale Bedeutung hat. Die Antwort muß zwei Glaubensaussagen berücksichtigen, einerseits den universalen Heilswillen Gottes , der nicht dadurch unwirksam gemacht wird, daß das Evangelium nicht zu allenMenschen u. nicht zu allen in richtiger, überzeugenderWeise gelangte u. gelangt, anderseits die in der frühen Kirche ausgebildete Auffassung von der Heilsnotwendigkeit der Kirchengliedschaft. Bemühungen um eine positive Antwort sind in der Kirchenväterzeit selten. Die Theologie der Hochscholastik fand die Lösung in der Lehre vom Votum, dem Verlangen nach dem Sakrament, bei Thomas von Aquin († 1274) zu einer Theorie vom Vorauswirken des Sakraments entwickelt. Die kirchenamtlich mitgetragene Lösung besagt dann, daß die reale Kirchengliedschaft vertreten werden kann durch den Wunsch, zur wahren Kirche Jesu zu gehören; dieser Wunsch braucht nur ”implizit“ zu sein, d. h. er kann in dem (von der zuvorkommenden Gnade Gottes bewirkten) Verlangen bestehen, Gott gemäß zu leben, auch wenn dem Menschen die Existenz einer wahren Kirche Jesu nicht bekannt ist. Er kann, selbst wenn die Erkenntnis Gottes unsicher oder nicht vorhanden ist, auch in dem festen Willen bestehen, den Weisungen des Gewissens zu gehorchen. Die Frage beschäftigte die Theologie erst in größerem Umfang, als sie sich im Zeitalter der großen Entdeckungen u. der Kolonisation (ab dem 15. Jh.) Gedanken über das ewige Heil so vieler nicht getaufterMenschen machte. Das II. Vaticanum nahm die Lehre vom Votum u. von der B. nicht ausdrücklich auf, sondern setzte in seinen Aussagen über eine Zuordnung von Nichtchristen u. Nichtgetauften zur Kirche (LG 16 ) u. über das Gewissen (DH 1f .) voraus, daß Gott seine Gnade nicht an die Sakramente u. an die institutionelle Kirchenzugehörigkeit gebunden hat (wie schon Thomas von Aquin lehrte)
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