Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Augustinismus
ist ein Kunstbegriff, der sowohl die Theologie u. Philosophie des nordafrikanischen Bischofs Augustinus († 430) als auch spätere Ausprägungen seiner Ansichten bezeichnen kann. Augustinus war über 1000 Jahre lang die unbestrittene theol. Autorität. Sein großer Einfluß auf Denken u. Religiosität des Augustinermönchs M. Luther († 1546) fällt nicht unter den Begriff A. Da Augustinus davon ausging, daß der Glaube selber nach Verstehen verlangt, ist sein Werk stark philosophisch geprägt (vom Neuplatonismus inspiriert). Unter den vielen einzelnen Beiträgen, die Augustinus in einer oft gelegenheitsbedingten Form zur Theologie beisteuerte, ragt seine Geschichtstheologie hervor, die auch die Eschatologie noch einbezieht. In ihr ist das naturhafte, zyklische Geschichtsdenken der Antike durch ein lineares, heilsgeschichtliches Denken ersetzt. Von bleibender Bedeutung sind seine sakramententheol. Überlegungen, sowohl hinsichtlich des Verhältnisses von Wort u. Zeichen (Sakrament) als auch hinsichtlich der ”Gültigkeit“ eines Sakraments (Donatismus). Auch die Ekklesiologie ist bei ihm stark von der Eucharistie her, unter Einbeziehung der biblischen Zeugnisse vom Leib Jesu Christi , bestimmt. Von der ”Innensicht“ her galt ihm die Gesamtkirche als Bürgin des Heils bei Gott; der konkreten Erscheinungsform nach sah er allerdings eine ganz reine u. heilige Kirche als unmöglich an. Wie kein Theologe des Altertums u. nur wenige spätere Theologen gab Augustinus Aufschluß über seine eigenen Bekehrungs- u. Gotteserfahrungen; durch die Darstellung der inneren Gottesbeziehungen wurde er grundlegend für die Mystik. Am problematischsten ist seine in der Auseinandersetzung mit dem Pelagianismus entwickelte Theologie der nach Gottes nicht hinterfragbarem Beschluß zu jedem Guten aktuell notwendigen Gnade u. Prädestination, die ihn an der ewigen Rettung der meistenMenschen zweifeln ließ. – A. heißt sodann eine spätere Form der Gnadenlehre, in der u. a. gesagt wurde, die aus sich wirksame Gnade, zu der ein Mensch ohne eigenes Verdienst vorherbestimmt werde, überwinde auch die Begierde, die als Folge der Erbsünde gelte. Als Hauptvertreter dieser gegen den Calvinismus, Bajanismus u. Jansenismus vorgetragenen Lehre werden H. de Noris († 1704), F. Bellelli († 1742) u. J. L. Berti († 1766) genannt. Ferner spricht man von einem A. in der Philosophie. Seine Grundzüge besagen: Jede menschliche Erkenntnis geht auf eine unmittelbare göttliche Erleuchtung zurück; in die Materie wurden bei der Schöpfung entwicklungsfähige Formprinzipien (”rationes seminales“) eingeschaffen; im Menschen liegt eine Mehrzahl von Wesensformen vor (philos. Pluralismus); dem Willen (der Liebe) gebührt der Vorrang vor dem Verstand usw. Diese Ansichten beruhten auf einer Verschmelzung augustinischer Elemente mit Auffassungen arabischer Philosophen. Als Hauptvertreter gelten: Wilhelm von Auvergne († 1249), Alexander von Hales († 1245), Bonaventura († 1274), Petrus Joannis Olivi († 1298).
ist ein Kunstbegriff, der sowohl die Theologie u. Philosophie des nordafrikanischen Bischofs Augustinus († 430) als auch spätere Ausprägungen seiner Ansichten bezeichnen kann. Augustinus war über 1000 Jahre lang die unbestrittene theol. Autorität. Sein großer Einfluß auf Denken u. Religiosität des Augustinermönchs M. Luther († 1546) fällt nicht unter den Begriff A. Da Augustinus davon ausging, daß der Glaube selber nach Verstehen verlangt, ist sein Werk stark philosophisch geprägt (vom Neuplatonismus inspiriert). Unter den vielen einzelnen Beiträgen, die Augustinus in einer oft gelegenheitsbedingten Form zur Theologie beisteuerte, ragt seine Geschichtstheologie hervor, die auch die Eschatologie noch einbezieht. In ihr ist das naturhafte, zyklische Geschichtsdenken der Antike durch ein lineares, heilsgeschichtliches Denken ersetzt. Von bleibender Bedeutung sind seine sakramententheol. Überlegungen, sowohl hinsichtlich des Verhältnisses von Wort u. Zeichen (Sakrament) als auch hinsichtlich der ”Gültigkeit“ eines Sakraments (Donatismus). Auch die Ekklesiologie ist bei ihm stark von der Eucharistie her, unter Einbeziehung der biblischen Zeugnisse vom Leib Jesu Christi , bestimmt. Von der ”Innensicht“ her galt ihm die Gesamtkirche als Bürgin des Heils bei Gott; der konkreten Erscheinungsform nach sah er allerdings eine ganz reine u. heilige Kirche als unmöglich an. Wie kein Theologe des Altertums u. nur wenige spätere Theologen gab Augustinus Aufschluß über seine eigenen Bekehrungs- u. Gotteserfahrungen; durch die Darstellung der inneren Gottesbeziehungen wurde er grundlegend für die Mystik. Am problematischsten ist seine in der Auseinandersetzung mit dem Pelagianismus entwickelte Theologie der nach Gottes nicht hinterfragbarem Beschluß zu jedem Guten aktuell notwendigen Gnade u. Prädestination, die ihn an der ewigen Rettung der meistenMenschen zweifeln ließ. – A. heißt sodann eine spätere Form der Gnadenlehre, in der u. a. gesagt wurde, die aus sich wirksame Gnade, zu der ein Mensch ohne eigenes Verdienst vorherbestimmt werde, überwinde auch die Begierde, die als Folge der Erbsünde gelte. Als Hauptvertreter dieser gegen den Calvinismus, Bajanismus u. Jansenismus vorgetragenen Lehre werden H. de Noris († 1704), F. Bellelli († 1742) u. J. L. Berti († 1766) genannt. Ferner spricht man von einem A. in der Philosophie. Seine Grundzüge besagen: Jede menschliche Erkenntnis geht auf eine unmittelbare göttliche Erleuchtung zurück; in die Materie wurden bei der Schöpfung entwicklungsfähige Formprinzipien (”rationes seminales“) eingeschaffen; im Menschen liegt eine Mehrzahl von Wesensformen vor (philos. Pluralismus); dem Willen (der Liebe) gebührt der Vorrang vor dem Verstand usw. Diese Ansichten beruhten auf einer Verschmelzung augustinischer Elemente mit Auffassungen arabischer Philosophen. Als Hauptvertreter gelten: Wilhelm von Auvergne († 1249), Alexander von Hales († 1245), Bonaventura († 1274), Petrus Joannis Olivi († 1298).