Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Aufklärung
   (englisch ”enlightenment“, französisch ”les lumières“), eine von England u. Frankreich ausgehende, europäische geistige u. gesellschaftlich wirksame Bewegung mit der produktivsten Zeit von Ende des 17. bis Ende des 18. Jh., dem ”Zeitalter“ der A. u. der Vernunft (in neuerer Zeit wird A. auch für ”Rationalisierungsprozesse“ in anderen Zivilisationen verwendet). Einige bedeutende Namen: F. Bacon († 1626), Th. Hobbes († 1679), J. Locke († 1704), P. Bayle († 1706), Ch. deMontesquieu († 1755), Voltaire († 1778), J. L. d’Alembert († 1783) u. D. Diderot († 1784) als Hauptmitarbeiter der einflußreichen ”Enzyklopädie“, P.-H. D. d’Holbach († 1789), Ch. Wolff († 1754), H. S. Reimarus († 1768), G. E. Lessing († 1781). Unter dem Begriff A. werden höchst unterschiedliche Strömungen zusammengefaßt. Die A. in England war antimetaphysisch u. erfahrungsbestimmt, um rationale Kritik der Offenbarungsreligion bemüht, mit starkem Interesse an einer von Religion unabhängigen Ethik u. an Verfassungsfragen. Religionskritisch u. später atheistisch war das Denken der A. in Frankreich, wo die A. auch radikale politische Ziele sowie pädagogische u. juristische Programme verfolgte. Die deutsche Aufklärung war weder wissenschaftsoptimistisch noch religionsfeindlich; ihr ging es um ”vollkommene“ Bildung des Individuums, altruistische Menschlichkeit u. um Menschenrechte ( Toleranz). Programmatisch formulierte I. Kant († 1804) auf die Frage ”Was ist A.?“ 1784: ”A. ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung u. des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen, ist also der Wahlspruch der A.“ Die Ermutigung ist noch nach 200 Jahren gerade in den Kirchen höchst aktuell u. notwendig. – Kirchengeschichtlich war die A. in den Bereichen des Universitäts-, Schul- u. Gesundheitswesens von großem positivem Einfluß. Reformansätze betrafen die Liturgie, die Volksfrömmigkeit u. das Ordensleben. Die Pastoraltheologie fand in der Zeit der A. zu einer vertieften Auffassung der Seelsorge. Die Theologie der A. widmete sich der notwendigen Vereinbarkeit von Vernunft u. Offenbarung, der Mündigkeit in derWahrheitserkenntnis u. einer vernunftbegründeten, kommunikablen Ethik. Für das ev. Christentum war das Aufkommen der historisch-kritischen Bibelauslegung folgenreicher als für das katholische. Die Französische Revolution, die Säkularisation u. die Revolution von 1848 führten auf der kath. kirchlichen, staatlichen u. gesellschaftlichen Ebene heftige Reaktionen gegen die A. herbei, die als ”rationalistische Verflachung “ verunglimpft wurde. Die Neuscholastik u. die Dogmen von 1854 u. 1870 sollten den Folgen der A., die im Materialismus des 19. Jh. popularisiert wurde, entgegenwirken. In der Philosophie des 20. Jh. wurde die ”Dialektik der A.“ reflektiert: In den Totalitarismen u. Kriegen, in der Zerstörung von Natur u. Kultur habe die ”instrumentelle Vernunft“ (deren positive Seite hinsichtlich der Menschenrechte nicht bestritten wird) verheerende Triumphe gefeiert, so daß in einer weiterzuführenden A. stets über die Bedingungen u. Konsequenzen des eigenen Denkens u. Handelns selbstkritisch zu reflektieren sei (M. Horkheimer † 197, Th. W. Adorno †1969 u. a.). Diese philosophische Diskussion über A. ist weiter in Gang, auch in Frankreich (M. Foucault † 1984).   Aufnahme Marias in den Himmel, in der kath. Kirche das vierte u. letzte auf Maria bezogene Dogma, das besagt, daß zur Vollendung Marias nach dem Abschluß ihres irdischen Lebens schon jetzt ihre verwandelte (”verklärte “) Leiblichkeit gehört. Biblische Zeugnisse dafür existieren nicht. Die frühkirchliche Verehrung Marias (vom 3. Jh. an) u. die liturgischen Feiern ihrer ”Entschlafung“ (seit dem 5. Jh., so heute noch in den orthodoxen Ostkirchen) sind ebenfalls keine Zeugnisse hinsichtlich der Vollendung ihrer Leiblichkeit. Außerkanonische, apokryphe Schriften (5.–7. Jh.) enthalten ”Transitus“-Legenden, die nur örtliches Ansehen genossen. In der frühmittelalterlichen Theologie wird von Zweifeln über den Tod Marias gesprochen. Das erste sichere Zeugnis für eine Theologie der leiblichen Verklärung Marias ist im Westen der Traktat ”De assumptione Beatae Mariae Virginis“ eines unbekannten Verfassers zu Beginn des 11. Jh. In ihm wird zur Begründung auf die Mutterschaft Marias hingewiesen, die bewirke, daß sie für immer mit ihrem Sohn verbunden bleibe; ferner wird auf den kirchlichen Glauben an die Fürbitte Marias Bezug genommen. Im kirchlichen Osten beginnen vereinzelte theol. Überlegungen im 7. Jh. In der Scholastik stehen sich zwei Positionen gegenüber, solche, die der Meinung sind, nur die Seele mache den Menschen zur Person, u. die gegenteilige, die von der Person-Einheit aus Leib u. Seele ausgeht. Zur letzteren zählen Bonaventura († 1274) u. Thomas von Aquin († 1274). Während die reformatorische Theologie wegen der fehlenden biblischen Zeugnisse die A. ablehnt u. gegen die Hyperdulie Marias Vorbehalte hat, ziehen sich kath. theol. Diskussionen bis in die Neuzeit hin. Eine Welle frommer Petitionen um Dogmatisierung beginnt im 19. Jh. Nach schriftlicher Befragung aller Bischöfe hinsichtlich der Glaubensüberzeugung der Katholiken verkündete Pius XII. 1950, es gehöre zum geoffenbarten Glauben, daßMaria nach Vollendung ihres irdischen Lebens mit Leib u. Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen worden sei (DS 390f.; NR 487). Diese Dogmatisierung, für die keine Notwendigkeit bestand, wurde vielfach als ökumenisch verletzend empfunden. Systematisch-theol. hängt die Lehre von der A. mit der Glaubensüberzeugung zusammen, daß Maria der am vollkommensten erlöste Mensch ist (Unbefleckte Empfängnis ). Ein tieferes Verständnis der A. ergibt sich aus dem Nachdenken über die Auferstehung der Toten als Vollendung der Menschen. Das Dogma von der A. beinhaltet nicht notwendig die Meinung, neben Jesus habe nur Maria ”schon jetzt“ diese Vollendung bei Gott erfahren. Deren genaue Art kann vom ”ganz anderen“ irdischen Dasein aus nur hoffend auf die Rettung des ”ganzen Menschen“ erahnt werden (1 Kor 15, 35–57).
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