Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Arianismus
bezeichnet unterschiedliche christologische Auffassungen, die zu einem großen Streit in der Kirche vom 4. Jh. ab geführt hatten u. einheitlich auf Arius von Alexandrien zurückgeführt werden, der aus der Antiochenischen Theologenschule hervorgegangen war. Der Hauptgegner dieser Auffassungen, Athanasius von Alexandrien († 373), versuchte, aus den Lehren des Arius, über die etwa ab 321 der Streit ausbrach, ein möglichst einheitliches System zu konstruieren. Da Kaiser Konstantin († 337) die Vernichtung aller Schriften des Arius anordnete, lassen sich dessen Anschauungen aus fragmentarischen Quellen u. aus den polemischen Gegendarstellungen des Athanasius kaum zutreffend rekonstruieren. Arius scheint sich vehement gegen die Teilung der göttlichen Natur in zwei ewige notwendige Wesen gewehrt zu haben, da damit Gott wie ein materielles Seiendes aufgefaßt werde. Darum sei der göttliche Sohn als Hypostase außerhalb unserer Zeit allein durch den Willen des Vaters erschaffen worden; ihm als dem ersten u. größten Geschöpf habe Gott alle Herrlichkeit verliehen, die überhaupt einem Geschöpf zuteil werden könne, daher könnten wir den Sohn mit der Bibel ehrenhalber ”Gott“ nennen, auch wenn er in Wahrheit nicht Gott sei. Ein weiterer Grund der Verherrlichung sei der sittliche Gehorsam des Sohnes gewesen, der unveränderlich geblieben sei, obwohl er ”an sich“ veränderlich war. Der Anhaltspunkt dafür war wohl, daß der antiochenisch geschulte Arius sich oft auf Texte des NT berief, die von der Menschlichkeit Jesu, besonders seiner Leidensfähigkeit u. seinem Nichtwissen, sprachen. Die Gegner des Arius konstruierten daraus den Vorwurf des Adoptianismus. Das vom Kaiser organisierte Konzil von Nikaia verurteilte 325 den A. als Häresie. Gegen sie formulierte es dogmatisch bindend die Lehre vom Homoousios, der Wesenseinheit des Sohnes mit dem Vater, wobei es diese aber nicht genauer erklärte (außer daß es den Zeitfaktor ausdrücklich verneinte). Außerdem überging es das wahre Menschsein Jesu Christi. Arius wurde verbannt; kurz vor der ihm zugedachten Rehabilitation starb er plötzlich. Auch Athanasius wurde wegen seiner Kompromißlosigkeit in Verbannung geschickt. Von ”arianischen“ Schülern wurde die Kontroverse weiter betrieben; sie spaltete die Kirche in Parteien (Semiarianismus). Ihr theol. Ende fand sie mit dem Konzil von Konstantinopel 381. Länger als in den östlichen Kirchen überlebten arianische Ansichten im Westen (bis Ende des 6. Jh.), weil die Westgoten den A. angenommen hatten. Arius u. seine Gegner sind Zeugen des Einflusses des Neuplatonismus auf die Theologie.
bezeichnet unterschiedliche christologische Auffassungen, die zu einem großen Streit in der Kirche vom 4. Jh. ab geführt hatten u. einheitlich auf Arius von Alexandrien zurückgeführt werden, der aus der Antiochenischen Theologenschule hervorgegangen war. Der Hauptgegner dieser Auffassungen, Athanasius von Alexandrien († 373), versuchte, aus den Lehren des Arius, über die etwa ab 321 der Streit ausbrach, ein möglichst einheitliches System zu konstruieren. Da Kaiser Konstantin († 337) die Vernichtung aller Schriften des Arius anordnete, lassen sich dessen Anschauungen aus fragmentarischen Quellen u. aus den polemischen Gegendarstellungen des Athanasius kaum zutreffend rekonstruieren. Arius scheint sich vehement gegen die Teilung der göttlichen Natur in zwei ewige notwendige Wesen gewehrt zu haben, da damit Gott wie ein materielles Seiendes aufgefaßt werde. Darum sei der göttliche Sohn als Hypostase außerhalb unserer Zeit allein durch den Willen des Vaters erschaffen worden; ihm als dem ersten u. größten Geschöpf habe Gott alle Herrlichkeit verliehen, die überhaupt einem Geschöpf zuteil werden könne, daher könnten wir den Sohn mit der Bibel ehrenhalber ”Gott“ nennen, auch wenn er in Wahrheit nicht Gott sei. Ein weiterer Grund der Verherrlichung sei der sittliche Gehorsam des Sohnes gewesen, der unveränderlich geblieben sei, obwohl er ”an sich“ veränderlich war. Der Anhaltspunkt dafür war wohl, daß der antiochenisch geschulte Arius sich oft auf Texte des NT berief, die von der Menschlichkeit Jesu, besonders seiner Leidensfähigkeit u. seinem Nichtwissen, sprachen. Die Gegner des Arius konstruierten daraus den Vorwurf des Adoptianismus. Das vom Kaiser organisierte Konzil von Nikaia verurteilte 325 den A. als Häresie. Gegen sie formulierte es dogmatisch bindend die Lehre vom Homoousios, der Wesenseinheit des Sohnes mit dem Vater, wobei es diese aber nicht genauer erklärte (außer daß es den Zeitfaktor ausdrücklich verneinte). Außerdem überging es das wahre Menschsein Jesu Christi. Arius wurde verbannt; kurz vor der ihm zugedachten Rehabilitation starb er plötzlich. Auch Athanasius wurde wegen seiner Kompromißlosigkeit in Verbannung geschickt. Von ”arianischen“ Schülern wurde die Kontroverse weiter betrieben; sie spaltete die Kirche in Parteien (Semiarianismus). Ihr theol. Ende fand sie mit dem Konzil von Konstantinopel 381. Länger als in den östlichen Kirchen überlebten arianische Ansichten im Westen (bis Ende des 6. Jh.), weil die Westgoten den A. angenommen hatten. Arius u. seine Gegner sind Zeugen des Einflusses des Neuplatonismus auf die Theologie.