Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Arbeit
   ist ein Begriff, mit dem mehrere Fachwissenschaften operieren u. für den sie jeweils genaue Verwendungsregeln aufstellen. Die für die Theologie relevante biblische Tradition enthält grundlegende Perspektiven: Der sich selber offenbarende Gott wird als arbeitender u. als ruhender gesehen; das Kultivieren der Erde u. Bewahren der Schöpfung werden als wesentliche Äußerung der Gottebenbildlichkeit derMenschen verstanden; die grundsätzliche Gleichwertigkeit u. Gleichberechtigung aller Menschen gilt uneingeschränkt, also auch für A. u. Ruhe. Das AT bringt vielfältige soziale Aspekte, darunter das Ruherecht, zur Geltung. Nicht die A. an sich, aber ihre jeweils konkrete Gestalt ist auch negativ gesehen als Folge menschlichen Versagens (Gen , 17 ff.). In beiden Testamenten finden sich heftige Kritik an Arbeitsverhältnissen u. Stellungnahmen zugunsten der Benachteiligten (Propheten; Jak). – Theologische Aussagen über die A. in der Antike (im frühen Mönchtum) u. im Mittelalter treffen für die nach der industriellen Revolution entstandene Arbeitswelt kaum noch zu. Der Arbeitsbegriff der christlichen Philosophie u. Theologie ist sehr weit gefaßt, etwa so, daß jede von ihrem Ziel her bestimmte Tätigkeit, die mit dem Einsatz von Energie Widerstände überwinden muß, A. genannt werden kann. Ruhe (Muße, Kontemplation) wird als komplementäres Element dazu gesehen. In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung der A. für die Selbstverwirklichung u. Selbsterhaltung der menschlichen Person deutlich. Für Theologie u. Kirche ergibt sich daraus das Grundrecht des Menschen auf A. (II. Vaticanum GS 25 f ., 65 ). Eine frühere ”Theologie der A.“ machte auch das Mitwirken des Menschen bei der Vollendung der Schöpfung sowie die A. als Sozialgeschehen, als Dienst am Gemeinwohl, geltend. Von großer Bedeutung ist der weit gefaßte Arbeitsbegriff noch bei den Überlegungen zur sinnvollen Gestaltung der Freizeit. Selbstverwirklichung durch A. trifft vor allem bei frei gewählter Tätigkeit zu, in einem theologisch u. spirituell gefüllten Sinn gerade auch bei ehrenamtlicher Tätigkeit in kirchlichen u. sozialen Diensten. – A. im engeren Sinn bezeichnet dagegen die abhängige Lohn-A., zu der die überwiegende Mehrzahl der Menschen wegen der notwendigen ökonomischen Existenzsicherung gezwungen ist. Die moderne arbeitsteilige Marktwirtschaft prägt dieser A. negative Merkmale auf (Zerstörung menschlicher, vor allem auch familiärer Beziehungen; immer stärkere Rationalisierung u. Technisierung; Verstärkung von Befehls- u. Kontrollsystemen; Identitätsverlust; Massenarbeitslosigkeit; Entstehung neuer Klassen;Mitverantwortung bei ökologischen Schäden usw.). Wenn im Blick auf diese Deformierung der A. die kirchliche Soziallehre betont, der Mensch habe Vorrang vor der A., die Arbeit habe Vorrang vor dem Kapital, dann bleibt sie bei aller Dringlichkeit der Appelle doch weithin im Abstrakten.
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