Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Apokryphen
   (griech. ”apokryphos“ = verborgen, versteckt), Gruppen von Schriften jüdischer bzw. christlicher Herkunft aus der Zeit zwischen etwa 200 v.Chr. u. 400 n.Chr., die entweder nicht in den Kanon der Hl. Schrift aufgenommen wurden oder über deren Zugehörigkeit zu ihm Uneinigkeit besteht. Der Sammelname A. erklärt sich vielleicht aus dem Ursprung oder bevorzugten Umlauf mancher von ihnen in esoterischen Kreisen (Geheimwissen der Gnosis usw.). Der Problemlage nach ist zwischen A. des ATu. A. des NT genau zu unterscheiden. – Juden sprechen nicht von A., sondern von ”außenstehenden Büchern“. Sie bezeichnen damit eine Gruppe von Schriften u. auch von Zusätzen zu biblischen Büchern, die nicht in der hebräischen Bibel, wohl aber in der LXX enthalten sind (u. deren hebräischer Urtext z.T. in neuerer Zeit entdeckt wurde). Sie werden von den Juden nicht als Heilige Schrift anerkannt, da das ”Ende der Prophetie“ mit Esra angesetzt wird. In der röm.-kath. Kirche werden sie seit dem 3. Konzil von Karthago 397 definitiv zum Kanon gerechnet. Auch der ostkirchlichen Orthodoxie gelten sie als kanonisch. Von den Reformatoren A. Karlstadt († 1541), der sie A. nannte, u. M. Luther († 1546) wurden sie als nützlich, aber nicht als kanonisch anerkannt. Katholischerseits hießen sie nie A.; sie erhielten eine Zeitlang die Bezeichnung ”deuterokanonisch“. – Neben diesen Schriften existiert eine weitere Gruppe jüdischer Bücher mit philosophischem, ethischem u. apokalyptischem Inhalt, die im kirchlichen Altertum eine gewisse Rolle spielten. Sie heißen bei den Katholiken A. des AT , bei den Protestanten ”Pseudepigraphen“ (d. h. Schriften mit nicht zutreffender Verfasserangabe), obwohl nicht alle einen Verfassernamen tragen. – Katholiken u. Evangelische verwenden gemeinsam den Namen A. für frühchristliche Schriften (Evangelien, Apostelgeschichten, Briefe, Apokalypsen) mit volkstümlichen, an Wundern u. Gerichtsbildern besonders interessierten Inhalten (viele pseudepigraphisch; bedeutende Funde im 20. Jh.).
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