Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Affekt
   , Affektivität   Die ältere Theologie sah kaum einen Unterschied zwischen Affekt (lat. = Zustand, Stimmung, Betroffensein) u. Leidenschaft . Sie war sich mit der griech. Psychologie unschlüssig darüber, inwieweit die höheren geistigen Vermögen des Menschen an den Affekten beteiligt sind. Die Stellungnahmen gingen völlig auseinander: Teils galten die Affekte als Quelle der Unordnung im Menschen; die Befreiung von ihnen war mit einer Abwertung des Leibes u. mit wachsender ”Vergeistigung“ gegeben (Stoische Philosophie ), bis hin zum Ideal völliger Gefühls- u. Empfindungslosigkeit; teils wurden die Affekte im Gefolge des Aristoteles († 322 v.Chr.) als naturgegebene Regungen aufgefaßt, die als gut galten, wenn sie von der Vernunft beherrscht u. geordnet sind (Thomas von Aquin †1274); teils bewertete man, besonders unter dem Eindruck des Liebesgebots, die Affekte höher als die Vernunft (Bonaventura †1274, Johannes Gerson † 1429, M. Luther †1546). – Nach der neueren Religionspsychologie zählen die Leidenschaften zu den Strebevermögen, die Affekte zu den spontanen Gefühlsaufwallungen oder emotionalen Regungen. Affekte entstehen teilweise aus Sinneseindrücken, vegetativen Vorgängen (Schmerz u. Leid), teilweise sind sie an Denkvorgängen beteiligt oder gehen aus diesen hervor. Die aus dem Denken hervorgehende Betroffenheit ist eine wesentliche Komponente von Religion. Emotionale Erlebnisfähigkeit kann nicht hervorgerufen, wohl aber durch falsche Askese generell unterdrückt werden (intellektualistische ”Verkopfung“ der Theologie, Nichtzulassung von Gefühlen u. Intuitionen in der Kirche usw.). Affektivität ist vielfach ein Kennzeichen von Mystik (z. B. in den ignatianischen Betrachtungen).
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