Herbert Vorgrimler. Neues Theologisches Wörterbuch
Aberglaube
   ist kein theol. Begriff, sondern eine wertende Bezeichnung für einen falschen Glauben, nämlich für Auffassungen u. Praktiken, die im Widerspruch zur eigenen Religion stehen (oder zu stehen scheinen) u. die als unterlegen gelten: als geistig inferior, aus Lebensschwäche entstanden usw. Gesichtspunkte aus der jüdisch-christlichen Offenbarung zur Beurteilung einer Haltung als abergläubisch sind etwa: a) Die Meinung, es gebe neben Gott mit ihm konkurrierende selbständige Naturmächte oder böse Geister (Teufel, Dämonen); b) Versuche, den souveränen Gott oder solche angenommenen Mächte zu beherrschen durch magische Riten oder Objekte; c) aus dem Grundbedürfnis, das Leben zu meistern, der Zukunftsneugier durch Astrologie, Orakel usw. nachzugeben u. dadurch wenigstens indirekt die freie Führung u. Fügung durch Gott zu leugnen. Solche Formen des A. treten als Ersatzreligion in nachchristlicher Zeit aus der unüberwindbaren Lebensangst, aus der Suche nach Halt vermehrt auf (Esoterik, Okkultismus). Zusammenhänge mit dem Bereich des Unbewußten müßten untersucht werden. Das Christentum hat einerseits auf dem Boden der jüdisch-biblischen Aufklärung von Anfang an den A. bekämpft; so zeigt sich z. B. der Kampf gegen die Verehrung von Sternenmächten von Gen 1 an bis hin zu den nachpaulinischen Schriften des NT (Kol). Anderseits muß die Gefahr von A. im Christentum auch gesehen werden: Die Skala reicht von harmlosen Bräuchen (Amulette, geweihte Gegenstände als Talismane) bis zu magischen Auffassungen (Reliquien, Blutwunder, nötigende Beschwörung von Heiligen usw .). Die viel größere Gefahr liegt freilich in den Folgen des der Offenbarung nicht gehorsamen A.: Antisemitismus (angebliche Ritualmorde), Hexenglauben u. -verfolgung sowie generell Fanatismus.
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