Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
zwingen
ahd. t(h)wingan, mhd. twingen, altgermanisch (altnord. þvinga, engl. twinge); zunächst1drücken, pressen‹: wer die Nase hart schneuzet, zwingt Blut heraus (Luther); zwei Bretter zusammen zwingen (L004 Johann Christoph Adelung); das Leder über den Leist[jetzt Leisten] zwingen (J.P.Hebel); sie zwangen seine Füße in Stock (Luther); bis der wilde Strom in seine alten Ufer sich gezwungen (Körner). Bei jmdm. einen Dolch, ein Geldstück in die Hand zwingen könnte man noch an die Ausgangsbedeutung denken, sie wird aber, wo solche Wendungen jetzt gebraucht werden, doch nicht mehr empfunden; veraltet auch
2überwältigen, unterjochen‹, dafür bezwingen (ahd. ); umgangssprachlich
3bewältigen, schaffen‹ in bezug auf Speisen und Getränke: ich kann das Stück Braten nicht zwingen; übertragen nun will ich über den Egmont und hoff ihn endlich zu zwingen (Goethe; L059 DWb); weit von der ursprünglichen Bedeutung entfernt sich der gewöhnlichste Gebrauch
4nötigen‹, jmdn. zu etwas zwingen. Reflexiv sich zwingen (frühnhd.). Redensartlich sich gezwungen sehen (17. Jahrhundert). Das Partizip Präsens zwingend adjektivisch (vgl. ↑ "dringend"): zwingendes Bedürfnis, zwingende Veranlassung. Das Partizip Perfekt gezwungen adjektivisch ›gewaltsam herbeigeführt und daher gekünstelt‹: gezwungene Haltung, gezwungener Ausdruck, gezwungene Auslegung, gezwungen lachen; Gegensatz ungezwungen. ↑ "Zwang". Zu zwingen(1)
Zwinge Fem. (15. Jahrhundert) ›Vorrichtung, um etwas zusammengepreßt zu halten‹, ›schützender Metallbeschlag am unteren Ende von Spazierstöcken, Schirmen u. dgl.‹;
Zwinger (mhd. twinger);
1 zunächst ›Herrscher‹, negativ ›Zwingherr‹, noch Lenau: der tod, der starke zwinger (L059 DWb);
2 seit dem 15. Jahrhundert bei Befestigungsanlagen ›Raum zwischen innerer und äußerer Ringmauer‹, danach ein ähnlich eingerichteter Raum, der als Gefängnis für wilde Tiere dient: Bärenzwinger.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: zwingen