Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Zunge
ahd. zunga, gemeingermanisch (got. tuggo, engl. tongue), mit lat. lingua ( < altlat. dingua) verwandt;1 auf ihre Funktion beim Sprechen beziehen sich auch die bildlichen und sprichwörtlichen Redensarten: es schwebt mir auf der Zunge, die Zunge ist ihr gelöst, das Herz auf der Zunge haben/ tragen; Zungendrescher (s. unten), zweizüngig, "doppelzüngig". Nach der Gestalt auf verschiedene Gegenstände übertragen: Erdzunge, Landzunge; "Seezunge" als Bezeichnung einer Fischart; Zungeam Schuh ›Lasche‹.
Zunge/ Zünglein an der Waage seinden entscheidenden Ausschlag geben‹ (frühnhd.); vielfach in technischer Verwendung (vgl. L059 DWb);
2.1 wie griech. glotta, lat. lingua (schon ahd. ) ›Sprache eines Volkes‹, so jetzt nur altertümelnd oder ironisch: Für uns Schriftsteller deutscher Zunge (A181 Otto Mainzer, Prometheus 662);
2.2 danach (mhd. ) ›Nation‹; so mitunter auch noch im Neuhochdeutschen; reichlich findet sich diese Verwendung noch in Schillers Entwurf zu ›Die Maltheser‹, z. B. eine Sklavin, um welche sich zwei Ritter streiten und ihre beiden Zungen in ihr Interesse ziehen.
Zungendrescher frühneuhochdeutsch besonders Advokatenschelte, noch Fontane Derlei Allotria sind gut für Professoren, Advokaten und Zungendrescher (L320 Trübner); im 17. Jahrhundert
züngeln zunächst von der Bewegung der Zunge, dann übertragen von Flamme, Welle, Blitz. Auf hinterlistiges oder boshaftes Sprechen bezogen: in den Pariser Briefen wird von meinem charakterlosen Poetentum gezüngelt (Heine); wer am Hof war, züngelt (W.Alexis); so züngelte die sanfte Frau und reizte den König (C.F.Meyer).
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