Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Zimmer
altgermanisch (vgl. engl. timber ›Bauholz‹), zur Sippe um ↑ "ziemen" gehörig, urverwandt mit lat. domus(↑ "Dom"); ahd. zimbar, mhd. zimber; vom Althochdeutschen bis ins 18./ 19. Jahrhundert1.1(bearbeitetes) Bauholz‹ und
1.2Konstruktion aus Holz, Gebäudeteil‹ bzw. ›aus Holz errichtetes Gebäude‹: ein groszes zimmer… gebaut, welches scheune, speicher und viehstall in sich vereinigt (1806 Arndt; L059 DWb), auch Gezimmer; fachsprachlich Zimmer und Gezimmer bis ins 19. Jahrhundert für diverse Geräte und Vorrichtungen aus Holz, so ›Stützwerk der Stollen im Bergbau‹ (ebenda 15,1293f. und 4.1.4,7155ff.); seit dem 15. Jahrhundert
2einzelner Wohnraum‹ (vgl. ↑ "Frauenzimmer"); allmählich bevorzugt gegenüber ↑ "Stube" und ↑ "Kammer" und von der Vorstellung des Holzbaus gelöst: Seine Zimmer / Sääl und Gemächer hatte er inwendig von Rauch gantz erschwartzen lassen (A091 Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, Simplizissimus 11 ironisch über das Bauernhaus des »Knans«), Zimmer… ein allgemeiner Ausdruck… , der Stuben und Kammern unter sich begreifft (L003 Johann Christoph Adelung 1774), was in einem gemeinen Bauer oder Bürgerhause eine Stube ist, heißt in den prächtigeren Häusern der Reichen und Großen, wenn es… nicht für das Gesinde bestimmt ist… ein Zimmer oder Gemach (L063 Johann August Eberhard 1802);
das Zimmer hütenkrank sein‹ (L004 Johann Christoph Adelung). ⇓ "S048" In zahlreichen Zusammensetzungen: Vorzimmer (L169 Matthias Kramer 1702; älter Vorgemach, Vorkammer entsprechend franz. antichambre), Audienzzimmer (1727; L059 DWb12.2, 1099), Paradezimmer (L004 Johann Christoph Adelung), Besuchszimmer, Empfangszimmer, Gesellschaftszimmer (vgl. ↑ "Salon"). Seit dem 18. Jahrhundert allgemein in Zusammensetzungen zur Unterscheidung der Räume im Haus: Schlafzimmer, Speisezimmer, Wohnzimmer (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch 1741), Arbeitszimmer (L092 GoeWb), Badezimmer (L033 Joachim Heinrich Campe 1807); im 19. Jahrhundert zunehmend auch im gewerblichen und institutionellen Bereich, ↑ "Stube" ablösend. Grundwort für wohnliche Räume (im Haus), deren Bestimmungswörter die Lage oder den Zweck unterscheiden: Durchgangszimmer, Hinterzimmer; heute in bezug auf die ↑ "Wohnung" üblich: Arbeitszimmer, Badezimmer, Eßzimmer, Gästezimmer, Kinderzimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer; im gewerblichen Bereich (Hotelzimmer, Sprechzimmer) und in Institutionen wie Schule, Krankenhaus, Verwaltung (Lehrerzimmer, Arztzimmer, Anwaltszimmer, Dienstzimmer); 2ZKB in Annoncen ›2 Zimmer, Küche, Bad‹.
zimmern ahd. zimbaron (got. timrjan); zu Zimmer(1), daher ›Bauholz vom Behauen bis zum Zusammenfügen zu einem Gebäude, Schiff usw. bearbeiten‹. Intransitiv: zu zimmern am Holz (Luther); transitiv mit dem Material als Objekt: der andere zimmert Holz (Luther); der Schiffholz zimmert(G.A.Bürger); üblicher mit dem Resultat: die Ältesten mußten deine Schiffe zimmern (Luther); leicht gezimmert nur ist Thespis' Wagen(Schiller); die wohlgezimmerten Scheunen (Goethe); übertragen: wer auf der Studierstube ein System zimmert, ohne es der Welt anzupassen (J.M.R.A174 Jakob Michael Reinhold Lenz, Menoza 2,6); willst du dir ein hübsch Leben zimmern (Goethe). Dazu Zimmerer (wofür jetzt Zimmermann), Zimmermeister, Zimmerhof, ZimmerplatzHof, Platz, wo Bauholz zurechtgehauen wird‹.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Zimmer