Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Zeug
mhd. ziuc, ziuges, ahd. (gi)ziuc (altengl. geteog), zu ↑ "ziehen"; ⇓ "S077" jetzt Neutrum, im Mittelhochdeutschen gewöhnlich Maskulinum und so noch häufig bis ins 18. Jahrhundert, noch jetzt süddeutsch;1 zunächst ›technisches Gerät‹, in vielerlei Funktionen, ⇑ "Fahrzeug" (↑ "fahren"), "Feuerzeug", "Rüstzeug" (↑ "rüsten"), "Spielzeug", "Werkzeug"; Arbeitszeug, Barbierzeug, Belagerungszeug, Fischerzeug, Handwerkszeug, Jagdzeug, Kaffeezeug, Teezeug, Putzzeug, Reißzeug, Reitzeug, Sattelzeug, Saumzeug, Schreibzeug, Nähzeug, Strickzeug (bei den beiden letztgenannten wird der in Arbeit befindliche Gegenstand mit einbegriffen). Das einfache Zeugist in dieser Bedeutung mehr und mehr außer Gebrauch gekommen: daß der Schmied einen Zeug daraus mache zu seinem Werk (Luther); der Herr selbst samt dem Zeuge seines Zorns (Luther); am längsten innerhalb bestimmter Berufskreise erhalten mit entsprechendem speziellen Bezug, s. v. a. im Jagd-, Reit- und Kriegswesen. In diesem wurden ganz besonders die Geschütze darunter verstanden. Mit Bezug darauf steht es noch in Zeughaus (früher auch mit anderem Bezug), Zeugmeister, historisch Zeugschmied (Zeug hier für Werkzeug aus Eisen);
2 daher nicht bloß die Ausrüstung eines Heeres, sondern auch dieses selbst: er stand und rief zu dem Zeuge Israels, und sprach zu ihnen: Was seid ihr ausgezogen, euch zu rüsten in einen Streit (Luther, und so häufig bei ihm); noch bei Lohenstein; auch bei Voß den reisigen Zeug ›die Kavallerie‹ im Anschluß an Luther; auch ›nichtkriegerisches Gefolge‹: sie kam gen Jerusalem mit einem sehr großen Zeug (Luther);
3 jünger als (1) ›zur Bearbeitung bestimmter Rohstoff‹, wohl so zu erklären, daß dieser auch als Gerät, als Mittel zur Erzeugung eines Produktes aufgefaßt ist. Wieder spezialisiert sich der Sinn in der Sprache der verschiedenen Gewerbe, in der Papierfabrikation ›zerstampfte Lumpen‹, bei den Seilern ›zum Verspinnen zurechtgemachter Hanf‹ usw. Die gewöhnlichste Spezialisierung ist ›gewebter Stoff‹, aus dem Kleidungsstücke, Haushaltsgegenstände usw. gefertigt werden;
4 auch ›verarbeitete, zum Gebrauch zurechtgemachte gewebte Stoffe‹: Leinenzeug, Weißzeug (im Haushalt), Bettzeug, Tischzeug; insbesondere die zur Kleidung verwendeten: mein Zeug, Sonntagszeug, Nachtzeug, Kinderzeug usw. Zweifelhaft ist, ob man Silberzeug, Steinzeug u.dgl. ähnlich aufzufassen hat als das verarbeitete Material oder vielmehr als Gerät;
5 im 17./ 18. Jahrhundert (gewöhnlich Mask. ) allgemein ›Stoff‹ (Material, aus dem die Naturgegenstände bestehen): den Raum des öden Ortes erfüllt verschiedener Zeug (Haller); den Geist des Zeuges zu entbürden (Bodmer);
6 die ursprüngliche Bedeutung verdunkelt in
⊚⊚ jmd. hat das Zeug zu etwas ursprünglich ›das Rüstzeug‹, dann ›die Fähigkeiten‹ (Treitschke, Fontane); zu arbeiten (u. dgl.), was das Zeug hält oder halten will (hier wohl Zeugursprünglich von dem Arbeitsgerät verstanden) (Lessing, Hermes, Lichtenberg; L059 DWb); sich ins Zeug legen (Rückert; ebenda) bzw. werfen (eigentlich von Zugtieren ›tüchtig anziehen‹, Zeug also auf das Lederzeug bezogen, vgl. ins Geschirr werfen); veraltet auf dem Zeuge sein ›wohl sein‹, auch ›bereit sein‹: noch eine Stunde früher sollte Valentin auf dem Zeuge sein (O.Ludwig); jmdm. etwas am Zeuge flicken ›etwas an jmdm. bessern wollen‹, daher ›auszusetzen haben‹ (G.A.Bürger; L258 Lutz Röhrich);
7 seit dem 17. Jahrhundert ⇓ "S113" Kollektivbezeichnung von ganz allgemeinem Sinn, aber mit dem Nebenbegriff des Verächtlichen: sonderbares, unnützes, tolles Zeug usw.; dummes Zeug als starker Ausdruck dafür, daß man eine Äußerung für unrichtig hält (Lessing, Goethe; L059 DWb); Zusammensetzungen wie Dreckzeug, Lumpenzeug, Rackerzeug, Teufelszeug, Viehzeug, ↑ "Kroppzeug"; dazu seit Ende des 18. Jahrhunderts auch der Genitiv Zeugs als Nominativ, Akkusativ, Dativ, zu erklären wie Dings (↑ "Ding"). Frühneuhochdeutsch und landschaftlich auch in der Neuzeit synonym Gezeug, mhd. geziuc, eine Zusammensetzung, die im Althochdeutschen (außer L087 Glossen 1,634,43; 752,45) allein herrscht und erst allmählich durch das einfache Wort zurückgedrängt wurde: auch machte Salomo allen Gezeug [alles Gerät], der zum Hause des Herrn gehöret(geändert in alles… das) (Luther); das Mädel setzt sich alles Teufelsgezeug in den Kopf (Schiller); das ist tolles Gezeuge (Schiller). ↑ "zeugen".
2 daher nicht bloß die Ausrüstung eines Heeres, sondern auch dieses selbst: er stand und rief zu dem Zeuge Israels, und sprach zu ihnen: Was seid ihr ausgezogen, euch zu rüsten in einen Streit (Luther, und so häufig bei ihm); noch bei Lohenstein; auch bei Voß den reisigen Zeug ›die Kavallerie‹ im Anschluß an Luther; auch ›nichtkriegerisches Gefolge‹: sie kam gen Jerusalem mit einem sehr großen Zeug (Luther);
3 jünger als (1) ›zur Bearbeitung bestimmter Rohstoff‹, wohl so zu erklären, daß dieser auch als Gerät, als Mittel zur Erzeugung eines Produktes aufgefaßt ist. Wieder spezialisiert sich der Sinn in der Sprache der verschiedenen Gewerbe, in der Papierfabrikation ›zerstampfte Lumpen‹, bei den Seilern ›zum Verspinnen zurechtgemachter Hanf‹ usw. Die gewöhnlichste Spezialisierung ist ›gewebter Stoff‹, aus dem Kleidungsstücke, Haushaltsgegenstände usw. gefertigt werden;
4 auch ›verarbeitete, zum Gebrauch zurechtgemachte gewebte Stoffe‹: Leinenzeug, Weißzeug (im Haushalt), Bettzeug, Tischzeug; insbesondere die zur Kleidung verwendeten: mein Zeug, Sonntagszeug, Nachtzeug, Kinderzeug usw. Zweifelhaft ist, ob man Silberzeug, Steinzeug u.dgl. ähnlich aufzufassen hat als das verarbeitete Material oder vielmehr als Gerät;
5 im 17./ 18. Jahrhundert (gewöhnlich Mask. ) allgemein ›Stoff‹ (Material, aus dem die Naturgegenstände bestehen): den Raum des öden Ortes erfüllt verschiedener Zeug (Haller); den Geist des Zeuges zu entbürden (Bodmer);
6 die ursprüngliche Bedeutung verdunkelt in
⊚⊚ jmd. hat das Zeug zu etwas ursprünglich ›das Rüstzeug‹, dann ›die Fähigkeiten‹ (Treitschke, Fontane); zu arbeiten (u. dgl.), was das Zeug hält oder halten will (hier wohl Zeugursprünglich von dem Arbeitsgerät verstanden) (Lessing, Hermes, Lichtenberg; L059 DWb); sich ins Zeug legen (Rückert; ebenda) bzw. werfen (eigentlich von Zugtieren ›tüchtig anziehen‹, Zeug also auf das Lederzeug bezogen, vgl. ins Geschirr werfen); veraltet auf dem Zeuge sein ›wohl sein‹, auch ›bereit sein‹: noch eine Stunde früher sollte Valentin auf dem Zeuge sein (O.Ludwig); jmdm. etwas am Zeuge flicken ›etwas an jmdm. bessern wollen‹, daher ›auszusetzen haben‹ (G.A.Bürger; L258 Lutz Röhrich);
7 seit dem 17. Jahrhundert ⇓ "S113" Kollektivbezeichnung von ganz allgemeinem Sinn, aber mit dem Nebenbegriff des Verächtlichen: sonderbares, unnützes, tolles Zeug usw.; dummes Zeug als starker Ausdruck dafür, daß man eine Äußerung für unrichtig hält (Lessing, Goethe; L059 DWb); Zusammensetzungen wie Dreckzeug, Lumpenzeug, Rackerzeug, Teufelszeug, Viehzeug, ↑ "Kroppzeug"; dazu seit Ende des 18. Jahrhunderts auch der Genitiv Zeugs als Nominativ, Akkusativ, Dativ, zu erklären wie Dings (↑ "Ding"). Frühneuhochdeutsch und landschaftlich auch in der Neuzeit synonym Gezeug, mhd. geziuc, eine Zusammensetzung, die im Althochdeutschen (außer L087 Glossen 1,634,43; 752,45) allein herrscht und erst allmählich durch das einfache Wort zurückgedrängt wurde: auch machte Salomo allen Gezeug [alles Gerät], der zum Hause des Herrn gehöret(geändert in alles… das) (Luther); das Mädel setzt sich alles Teufelsgezeug in den Kopf (Schiller); das ist tolles Gezeuge (Schiller). ↑ "zeugen".