Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
zer-
festes Präfix zu Verben und deren Ableitungen. Im Althochdeutschen treten neben den älteren r-losen Formen za-, zi- (z. B. zigangan ›auseinandergehen‹) synonym auch zar-, zer- auf, die nicht befriedigend erklärt sind; eventuell sind sie nach dem Muster der Doppelpräfigierungen kombiniert aus zi- und ir-, vgl. Schreibungen wie ahd. (Notker) zeirgangen ›aufhören zu sein‹. Formen ohne -r(Luther zu-) halten sich schriftsprachlich bis ins 18. Jahrhundert und mundartlich. Die zer-Formen nehmen mittelhochdeutsch stark zu; die Bildungen sind inzwischen bei transitiven wie bei intransitiven Verben, besonders solchen, die Vorgänge oder Handlungen bezeichnen, sehr zahlreich. Meist bedeutet zer- ›auseinander, entzwei-‹: zerbeißen, zerhacken usw.; manchmal tritt zer- zur Bedeutung des Grundverbs verstärkend hinzu: zerbrechen, zerspalten, zertrennen usw.; einige Verben bezeichnen die Verwandlung von etwas in das, was die substantivische Basis des Verbs angibt: zerfetzen, zerpulvern, "zertrümmern". Zuweilen wird ein Intransitivum durch die Zusammensetzung transitiv: sich die Hand zerfallen, sich den Kopf zerarbeiten; sich zerlachen landschaftlich wie sich zu Tode lachen; man fragt und zerfragt sich (Lessing); man zerstreite sich so sehr(Lessing); daß mein Onkel sich zertrat (Goethe); auch das Buch ist sehr zerlesen knüpft an den intransitiven Gebrauch von ↑ "lesen" an (↑ "zerlesen"). Literarische Kühnheit: der die Brücke zerscheitert (Voß); das Auge des Todes, wenn er ein Auge zerblickt (Jean Paul). Zu dem Partizip zerlumpt sind andere Formen nicht üblich; vgl. auch ↑ "zerfahren". Als nominale Verbindungen mit zer-stehen ↑ "Zerwürfnis", Zerfall vereinzelt.
festes Präfix zu Verben und deren Ableitungen. Im Althochdeutschen treten neben den älteren r-losen Formen za-, zi- (z. B. zigangan ›auseinandergehen‹) synonym auch zar-, zer- auf, die nicht befriedigend erklärt sind; eventuell sind sie nach dem Muster der Doppelpräfigierungen kombiniert aus zi- und ir-, vgl. Schreibungen wie ahd. (Notker) zeirgangen ›aufhören zu sein‹. Formen ohne -r(Luther zu-) halten sich schriftsprachlich bis ins 18. Jahrhundert und mundartlich. Die zer-Formen nehmen mittelhochdeutsch stark zu; die Bildungen sind inzwischen bei transitiven wie bei intransitiven Verben, besonders solchen, die Vorgänge oder Handlungen bezeichnen, sehr zahlreich. Meist bedeutet zer- ›auseinander, entzwei-‹: zerbeißen, zerhacken usw.; manchmal tritt zer- zur Bedeutung des Grundverbs verstärkend hinzu: zerbrechen, zerspalten, zertrennen usw.; einige Verben bezeichnen die Verwandlung von etwas in das, was die substantivische Basis des Verbs angibt: zerfetzen, zerpulvern, "zertrümmern". Zuweilen wird ein Intransitivum durch die Zusammensetzung transitiv: sich die Hand zerfallen, sich den Kopf zerarbeiten; sich zerlachen landschaftlich wie sich zu Tode lachen; man fragt und zerfragt sich (Lessing); man zerstreite sich so sehr(Lessing); daß mein Onkel sich zertrat (Goethe); auch das Buch ist sehr zerlesen knüpft an den intransitiven Gebrauch von ↑ "lesen" an (↑ "zerlesen"). Literarische Kühnheit: der die Brücke zerscheitert (Voß); das Auge des Todes, wenn er ein Auge zerblickt (Jean Paul). Zu dem Partizip zerlumpt sind andere Formen nicht üblich; vgl. auch ↑ "zerfahren". Als nominale Verbindungen mit zer-stehen ↑ "Zerwürfnis", Zerfall vereinzelt.