Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Zelle
ahd. zella< lat. cella (↑ "Keller");1 zunächst ›Klosterzelle‹; weiterhin im Mittelalter auch die von einem oder mehreren Mönchen bewohnte ›Abzweigung aus einem Kloster‹ (ursprünglich wohl solche, die nur eine Zelle enthielt); daher Zelle, Zell in vielen Ortsnamen (Radolfszell, Peterszell usw.);
2 seit dem 18. Jahrhundert (Lichtenberg; L059 DWb) übertragen auf ähnlich eingerichtete Zimmer einer großen Anstalt, z. B. veraltet eines Alumnats, einer Irrenanstalt, noch heute eines Gefängnisses; mittelhochdeutsch ›Bienenzelle‹ nach der Ähnlichkeit der Gestalt und der Anordnung;
3 von da aus übertragen auf die kleinste selbständige Einheit pflanzlichen Gewebes (so zuerst engl. cell 1667 durch R.Hooke), seit Anfang des 19. Jahrhunderts (L264 Daniel Sanders) auch tierische und menschliche Gewebe; unspezifisch L003 Johann Christoph Adelung 1786 Zellengewebe der Haut, des Gehirnes;
4 seit ca. 1920 (L320 Trübner) ›politisch-ideologische (Kampf-)Gruppe‹.
Zellstoff um 1850 als ⇓ "S111" Klammerform von Zellwandstoff für ›Holzfaser‹, wofür später auch
Zellulose nach engl. cellulose (1835), franz. cellulose (1854); um 1930 wurde dann zur Werbung für die Kunstfaser
Zellwolle geprägt (wohl als ⇓ "S111" Klammerform aus Zellstoffwolle);
Zelluloid Neutr. , Ende des 19. Jahrhunderts über franz. celluloïd (1878) aus engl. celluloid (1871), deutsch auch Zellhorn. Ältester Plastikwerkstoff, für Kämme, Kapseln usw., heute vor allem für Filmmaterial: Unter allen chemischen Drogen ist Zelluloid die gefährlichste. Kinobilder machen süchtig (1990 Die Zeit, Nr. 28,52).
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