Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
wohnen
altgermanisch (got. in unwunands ›sich nicht freuend‹), ahd. wonen, mhd. wonen, verwandt u. a. mit ⇑ "gewöhnen", "Wahn", "Wunsch";1.1 althochdeutsch/ mittelhochdeutsch meist allgemeiner ›sich aufhalten, verweilen‹, noch A180 Martin Luther, Johannes 1,14 Vnd das Wort ward Fleisch / vnd wonet vnter vns; freier A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 21.5.77 ich wohne in stiller Traurigkeit über meinen Gefilden; erhalten in ↑ "beiwohnen", im Hotel wohnenlogieren‹;
1.2 mittelhochdeutsch gewöhnlich ›seine dauernde Wohnung haben‹, übertragen Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1112). Ältere Zusammensetzungen: Wohnhaus (mhd. ), Wohnstube, Wohnsitz (L169 Matthias Kramer 1702), Wohnstätte (L169 Matthias Kramer; mhd. wonstat), Wohnzimmer; jung: Wohngemeinschaft (oft ⇓ "S094" kurz WG)Gruppe von Personen (oft Studenten), die sich eine Wohnung teilen‹ (L337 WdG1977), als juristischer Terminus älter (L059 DWb), Wohnküche, Wohnwagen (1905; L059 DWb). Mittelhochdeutsche Ableitungen
wohnhaftansässig‹,
wohnlichbehaglich, hübsch eingerichtet‹, Gegensatz unwohnlich;
Wohnung (ahd. wonunga); weitgehend analog wohnen, also anfangs mehr ›Aufenthalt, Verweilen‹, auch ›Ort des Aufenthalts, Wohnsitz‹, ›(dauernde) Behausung, Unterkunft‹. Heute im allgemeinen ›eine für die private Lebensführung einer oder mehrerer Personen geeignete und in sich abgeschlossene Einheit von gewöhnlich mehreren Räumen in einem Haus (mit Nebenräumen)‹. Mit negativer Funktion bei der Bildung konspirative Wohnung (Wort des Jahres 1978). ⇓ "S237" Besondere Kleinwohnungen: ⇑ "Appartement", "Bude". Die Größe der Wohnung wird, wenn nicht technisch nach qm gemessen, nach der Zahl der ↑ "Zimmer"(2) angegeben (Ein-, Zwei- usw. -zimmerwohnung), wobei die sogenannten Funktionsräume, d. h. ↑ "Küche" (Zwischenstellung: Wohnküche mit "Kochnische"), ↑ "Bad" (auch Badezimmer) und ↑ "Toilette" – sofern es außer der im Bad noch eine separate gibt – zumeist nicht mitgerechnet werden, auch nicht der ↑ "Flur" (bzw. ⇑ "Diele", "Korridor"; für den Vorraum landschaftlich ⇑ "Saal", "Eren", in großen Häusern ↑ "Halle") und in der Wohnung eventuell vorhandene Abstellräume (Abstellraum↑ "abstellen"), Anbauten zur Wohnung wie ⇑ "Balkon", "Loggia", "Terrasse", "Erker", "Veranda" (ferner etwa "Wintergarten", Dachgarten) oder von der Wohnung getrennt gelegene Nebenräume, insbesondere der ↑ "Keller" (ferner etwa ⇑ "Mansarde", "Oberstübchen", "Dachboden", "Waschküche", Trockenraum); heute vielfach auch schon zur Wohnung (wie zum Haus) gehörig: "Garage" bzw. Carport (überdacht, aber offen) oder "Abstellplatz" für das Auto. Statt "Zimmer" landschaftlich auch ⇑ "Stube", "Kammer"(1.1). Inzwischen mehr historisch oder nur in speziellen Zusammenhängen "Gemach" (↑ "gemach"), ⇑ "Kabinett"(1), "Käfterchen", "Kemenate", "Salon"(1), "Pesel", ferner "Alkoven", "Altan", "Söller" u. a. Zur Entwicklung bis ins 16. Jahrhundert und über die Raumbezeichnungen hinausgehend M.Heyne, Das deutsche Wohnungswesen, 1899.
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