Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
wert
ahd. werd, mhd. wert, werdes, gemeingermanisch (got. wairþs, engl. worth), wird absolut und relativ gebraucht. Im letzteren Fall dient zur näheren Bestimmung ursprünglich der Genitiv, vielfach noch jetzt, sprichwörtlich eigner Herd ist Goldes wert, zudem: der Beachtung, der Erwähnung wert usw.; der Genitiv ist vielfach mit wert zu einer Zusammensetzung verschmolzen: anerkennenswert, ehrenwert, sehenswert, staunenswert usw.; neben den zahlreichen Zusammensetzungen mit substantivischem Infinitiv früher zuweilen auch solche mit Substantiven auf -ung: beachtungswert, erwähnungswert. In er ist es wert liegt auch eigentlich der Genitiv vor, der aber zum Akkusativ umgedeutet ist; danach dann der Akkusativ statt des Genitivs, bei Luther wir empfangen, was unsre Taten wert sind. Allgemein steht der Akkusativ, wenn eine Quantität als Maßbestimmung angegeben wird: zwei Mark, etwas, viel, wenig wert; so auch immer das ist er wert, wenn das Pronomen eine Maßbestimmung vertritt, während man dessen ist er wert sagen kann (neben das) im Sinne von ›wert, das zu erhalten, daß das seinetwegen geschieht‹. Im allgemeinen wird in dem letzteren Sinn der Genitiv vorgezogen, doch ein Argwohn? ich bin ihn wert(Lessing), gib ihm die Hand, er ist sie wert (Schiller). In Einklang mit der gemachten Unterscheidung ist keinen Schuß Pulver wert, denn Schuß Pulver bezeichnet nicht die Handlung des Schießens, sondern ›soviel Pulver, wie man zu einem Schuß braucht‹, ebenso Fälle wie ein Wahn, der mich beglückt, ist eine Wahrheit wert, die mich zu Boden drückt (Wieland), eine Liebe ist die andere wertan Wert gleich‹. Statt des Genitivs kann auch ein Infinitiv mit zu oder ein Satz mit daß abhängig gemacht werden.Wert Mask. , früher Neutr. (vereinzelt bis 16./ 17. Jahrhundert; L059 DWb), althochdeutsche Substantivierung des Adjektivs; bis Anfang des 19. Jahrhunderts
1Preis‹, im Geldwesen Wert der Noten (1561), danach marxistisch ›in einer Ware vergegenständlichte gesellschaftlich notwendige Arbeit‹, Preis ist an sich nichts als der Geldausdruck des Werts (⇓ "S129" Marx; L337 WdG); in der ⇓ "S130" Mathematik ›Bedeutung einer Größe‹, der Wert null einer Gleichung (vgl. L059 DWb); neutral
2.1Tauglichkeit, Qualität‹, bleibender Wert (Goethe), auf Personen bezogen seit dem Mittelhochdeutschen, verbreitet seit dem 18. Jahrhundert, iegelichen man / nach sinem werde erkennen (Gottfried von Straßburg, Tristan), moralischer, innerer Wert;
2.2 zur Bezeichnung von Wertschätzung ›Geltung‹, seit dem 18. Jahrhundert in festen Verbindungen, Wert auf etwas legen, einer Sache einigen/ keinen/ geringen Wert beilegen/ beimessen, für jmdn. von Wert sein, häufig in der Litotes nicht ohne Wert, etwas hat seinen/ keinen Wert, wegwerfend das hat (doch) keinen Wert; seit dem 17. Jahrhundert
2.3 auf Geistiges, Immaterielles bezogen, häufig im Plural, höhere/ geistige Werte, die Zusammensetzung Kulturwerte Anfang des 20. Jahrhunderts; seit dem 19. Jahrhundert
4 in der Industrie ›Produkte, Güter‹, häufig im Plural, Schutzzoll für deutsche Werte(Bismarck; L059 DWb), Werte schaffen (Mitte des 19. Jahrhunderts; L059 DWb). Noch deutlich an das Adjektiv angeschlossen ist Geldeswert, neuer Geldwert.
Wertpapier (1855; L059 DWb) ›Aktie‹;
werten ahd. werdon, mhd. werden, transitiv ›(wert) schätzen, (ver)ehren‹ (um 800; L059 DWb); heute v. a. ›abschätzen, einschätzen‹ (1462; L059 DWb), seit Ende des 19. Jahrhunderts in festen Wendungen: dinge, welche sie damals übersehen und gering gewertet hatte (1898; L059 DWb), er wertet es [das Menschenbild] … nicht als vollendete form, sondern als gefäsz einer geistigen potenz (1926; L059 DWb), im Sinne von "bewerten": bis jeder schritt… gewertet wurde(Wiechert; L059 DWb), heute vor allem im ⇓ "S205" Sport: einen Sprung (nicht) werten; selten mit Genitiv ›für würdig, wert halten‹: die werten nicht des Heldenmahles mich (Uhland). Dazu "abwerten", "aufwerten", "auswerten", "entwerten", "verwerten"; daraus abgeleitet
Wertung (vereinzelt ahd. ), werten entsprechend; ›Wertschätzung‹, wertung der form (1919; L059 DWb); ›Einschätzung, Beurteilung‹, alle sittlichen verfehlungen blieben in der wertung weit dahinter zurück (1927; L059 DWb), so heute auch im Sport; besonders in der Kunstkritik ›Würdigung‹: künstlerische Wertung (A215 Rainer Maria Rilke, Brief vom 13.1.1902), W.Kayser, Literarische Wertung und Interpretation, in: L051 DU1952/ 2. ⇑ "Würde", "unwirsch".
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