Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
werben
ahd. (h)werban, mhd. werben, germanisches starkes Verb (got. faírban), Konjunktiv Prät. würbe, zuweilen wärbe (Wieland), auch wörbe (erwörbe Rückert);1 anfangs ›sich drehen‹ (↑ "Wirbel"), noch bis 1578/ 81 belegt (L059 DWb);
2 seit Notker (L059 DWb) abgeblaßt ›sich bewegen‹: querüber übers wasser glatt / lasz werben deine äugelein (Eichendorff; ebenda);
3 ebenfalls seit Notker (L059 DWb) ›(handelnd) tätig sein, ein Gewerbe betreiben, seinen Unterhalt gewinnen‹ (dazu ahd. werbariHändler, Kaufmann‹), "erwerben": des Sommers solln wir fleissig werben, das wir nicht mögen hungers sterben im Winter (Waldis; L320 Trübner); mehrmals in der Bibel formelhaft verbunden wohnen und werben; ↑ "Gewerbe";
4 daneben seit dem 10. Jahrhundert (L059 DWb) ›sich um etwas/ jmdn. bemühen, etwas/ jmdn. zu gewinnen suchen‹: er begann von dem Tag an um den schweigsamen Josef zu werben (A122 Hermann Hesse, Glasperlenspiel I,131), doch auch sie will zart geworben sein (Goethe) (schon mhd. auch mit Akkusativ); um Liebe, Ehre, Gunst werben, seit dem Mittelhochdeutschen speziell ›um eine Frau anhalten‹; hierher auch ›sich um eine Stelle o.dgl. bemühen‹: ich glaubte um einen posten bei der öffentlichen bibliothek in Kassel werben zu können (J.A089 Jacob Grimm, Kleinere Schriften 1,9), dafür heute "bewerben";
5 transitiv ›besorgen, ausrichten‹: ich will nicht essen, bis ich zuvor meine Sache geworben habe(Luther), werbt eure Botschaft (Uhland). Diese Bedeutungen treten, mit Ausnahme von (4), allmählich zurück; heute
6jmdn. für etwas (eine Aufgabe, Funktion) gewinnen‹ (spätmhd.; L059 DWb), insbesondere im militärischen Bereich (Soldaten werben, "anwerben"): Der Feldhauptmann Oxenstjerna wirbt in Dalarne Truppen (B.A025 Bertolt Brecht, Mutter Courage 1, Regieanweisung), dazu seit dem 17. Jahrhundert (L059 DWb) Werbetrommel; übertragen auf analoge Verhältnisse: als nun er zur Magd mich geworben (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Hermann und Dorothea 9,156); ohne Objekt: Und die Trompete / lassen wir werben (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,891f.);
7 seit frühneuhochdeutscher Zeit (L059 DWb) ›jmdn. als Anhänger zu gewinnen suchen‹ (für eine Sache, Partei o.dgl.): Der Staatsbetrieb wirbt um Sympathie (1988 Spiegel, 5, 80); übertragen Kunden werben; schließlich
8Propaganda treiben, Reklame machen‹ (Ende des 19. Jahrhunderts; L320 Trübner): die Marktgegend, wo es an Abendunterhaltung nicht fehlte, alle paar Schritte hing ein Plakat und warb eine Tafel (A124 Hermann Hesse, Steppenwolf 53).
Werbesprache"S208" nach 1945 (Sprachwart 1963,145), dafür zuvor ReklamespracheGesamt der einzelsprachlichen Mittel, die zum Zwecke der Wirtschaftswerbung eingesetzt werden‹;
Werbung mhd. werbunge, das sich den Bedeutungen des Verbs anschließt; im Sinne von ›Reklame‹ wohl aus Kundenwerbung verkürzt; in den 1920er Jahren (L059 DWb) beginnt es sich neben "Reklame" durchzusetzen;
Werbungskosten Plural 1886 (L059 DWb); anfangs in der ⇓ "S069" Forstwirtschaft ›Gewinnungskosten‹, seit frühem 20. Jahrhundert ›bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehende berufsbedingte Kosten‹: werbungskosten… sind die aufwendungen zur erwerbung, sicherung und erhaltung des ertrages (1906 Bitter; L059 DWb).
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