Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
weisen
ahd. / mhd. wisenstarkes Verb, ursprünglich schwach, so noch bei Luther (in den neueren Bibelausgaben sind die starken Formen eingesetzt) und noch im 17. Jahrhundert (vgl. "preisen"), Ableitung aus ↑ "weise"; weisen regierte ursprünglich den Akkusativ der Person; der Gegenstand, in bezug auf den man unterrichtet wird, stand daneben im Genitiv, zuweilen auch im Akkusativ des Inhalts wie bei "lehren": wer wiset nu die recken somanege hervart (›Kriegszug‹) (Nibelungenlied); zunächst1wissend machen, unterrichten‹, mit Akkusativ der Person, am besten erhalten in "unterweisen"; auch noch in sich (ein-)weisen lassen; eingeschränkt jmdn. weisen in Verbindung mit einer Richtungsbezeichnung
1.1jmdn. in bezug auf eine einzuschlagende Richtung orientieren, jmdn. veranlassen, nötigen, eine Richtung einzuschlagen‹, jmdn. auf den rechten Weg, aus dem Haus weisen; damit würden eure Kinder unsere Kinder von der Furcht des Herrn weisen (Luther), nach allen Seiten hin war ich an die Natur gewiesen (Goethe), jmdn. zurechtweisen übertragen ›jmdm. sein Unrecht vorhalten‹. Noch ausschließlicher tritt die Beziehung auf die Bestimmung der Richtung hervor, wenn statt einer Person eine Sache als Objekt gesetzt wird
1.2bestreiten, zurückweisen‹, etwas von sich, von der Hand weisen; mit persönlichem Objekt Vermischung mit 1"verweisen": ich muß euch weisen vor der Landsgemeine, daß ihr mit heft'gem Sinn den Frieden stört (Schiller); ⇑ "abweisen", "anweisen", "erweisen", "überweisen", "unterweisen", 1"verweisen"; seit dem Mittelhochdeutschen auch
1.3zeigen‹, ohne Objekt mit Fingern auf jmdn. weisen; der "Wegweiser" weist nach Süden; Karl, dieser Umstand wies darauf hin. Es kommt aber auch eine Umbildung der älteren Konstruktion vor, indem statt des im Mittelhochdeutschen möglichen doppelten Akkusativs der der Sache beibehalten wird, während die Person, wenn sie ausgedrückt wird, in den Dativ tritt: jmdm. den (rechten) Weg weisen. Diese Konstruktion kommt auch noch in allgemeinerem Sinn vor, doch so, daß immer zunächst daran gedacht wird, auf etwas Sinnliches aufmerksam zu machen: der Teufel weisete (wies) ihm alle Reiche der Welt (Luther), (veraltet) jmdm. die Zähne weisen; in der älteren Rechtssprache jmdm. das Recht weisen, ein Urteil weisen, auch mit Fragesatz als Objekt: der, wie man leben soll, in seinem Leben wies (Wieland); sich weisen: sein Geist sich nicht auf der Wachtparade weist (Schiller), das wird sich in der Folge weisen(Wieland);
2 das Partizip Perfekt gewiesenden Umständen nach als das Geeignetste erscheinend‹: der gewiesene Weg, Platz. In den Zusammensetzungen "aufweisen", "ausweisen", vorweisen, "nachweisen", "beweisen", "erweisen" hat sich z. T. die ältere übertragene Bedeutung erhalten. Erst junge Ableitungen aus weisen sind "Ausweis", "Beweis", Erweis, "Nachweis". Vgl. noch "erweislich", nachweislich, unabweislich.
Weisung mhd. wisunge, gewöhnlich in einem dem Verb nicht ganz entsprechenden Sinn ›Anordnung, Befehl‹, dazu weisungsbefugt; vereinzelt wie "Anweisung" ›Schein, aufgrund dessen man etwas erheben kann‹: ich nahm die Weisung auf das andere Leben (Schiller).
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