Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Weile
ahd. (h)wila, mhd. wile, gemeingermanisch (got. feila, engl. while), mit lat. quies ›Ruhe, Rast‹ verwandt, Diminutiv Weilchen; ›unbestimmter Zeitabschnitt‹, in formelhaften Wendungen spezieller: Damit hat es gute Weilekeine Eile‹; landschaftlich auch ›ausreichende Zeit‹: daß der Drang der Zeit mir Weile gönnte (Grillparzer), wir haben noch Weile zu plaudern(Mörike); die Weile, Zeit und Weile wird einem lang; daher "Langeweile" (↑ "lang"); ferner "Kurzweil"; in
Eile mit Weile kann man Weile als ›Verweilen‹ auffassen, daher auch ohne Weile (Mörike). Weiledient vielfach zu Adverbialbildungen, akkusativische entspringen aus der Verwendung des Akkusativs zur Bezeichnung der Erstreckung über eine Zeit wie
alleweile, zunächst
1immer‹, so noch verkürzt zu allweil, ⇓ "S163" oberdeutsch umgangssprachlich, zuweilen als Konjunktion
2während‹: allweil ihr gepredigt habt (Hebel); dann
3(eben) jetzt‹ mitteldeutsch in umgangssprachlicher Rede: alleweile ist Ihr Vater bei Rendius(Iffland); früher auch
4soeben‹: sie war alleweile bei mir(Weiße), der alle Weile da war (Bretzner) und
dieweil (ahd. dia wila)
1während dem‹: was hilft mich's, und was habe ich dieweil (Luther), schon mhd. die wilezur Einleitung von Nebensätzen, daher zur Konjunktion entwickelt, zunächst in zeitlichem Sinn
2so lange als‹: dieweil Mose seine Hände emporhielt, siegete Israel (Luther), dieweil es noch Zeit ist (Lessing);
3während‹: dieweil sie so redete, schaueten sie sie an (Luther), sie ließ sich zuweilen austragen, dieweil ihre Bedienten das Volk abhielten (Haller); mit dem Nebensinn des Gegensatzes: bin der gefährlichste von allen, dieweil man mich für nichtig hält (Goethe); häufiger
4 begründend: ihr wisset um der Fremdlinge Herz, dieweil ihr auch seid Fremdlinge in Ägyptenland gewesen (Luther), die ihr vielleicht in euren Schutz sie nehmt, dieweil sie lieblich aussieht (Goethe). Dieweil und gleichbedeutend alldieweil am längsten kanzleisprachlich erhalten (danach altertümelnd). Genitivische Adverbialbildung
derweil(e)unterdessen‹: nehmen sie doch auch derweile mein Geld(Lessing), ist's nicht ein Mann, sei's derweil ein Galan (Goethe); als Konjunktion ›während‹: derweil der jugendliche Held so mannhaft spricht (Wieland), will mir die Hand noch geben, derweil ich eben lad' (Uhland); auch in der Form derweilen: derweilen sehnt sich die Liebste daheim(Tieck), und läse Märchen wunderfeine; derweilen draußen Nacht und Wind (Heine; öfter bei ihm). Ferner ↑ "mittlerweile". Der Dativ Plural mhd. wilen und mit sekundärem -t wilent ist ›manchmal‹, gewöhnlicher ›ehemals‹. In ersterer Bedeutung ist weilen geblieben in ⇑ "bisweilen" (↑ "bis"), "einstweilen". In letzterer hat es sich neuhochdeutsch in der aus wilententwickelten Form
weilandehemals, früher‹ erhalten: der weiland blind war (Luther), weiland und nun (Claudius); am gebräuchlichsten im älteren Kanzleistil in bezug auf Verstorbene neben Appositionen, Vogt, weiland Bürgermeister zu Breisach; dann auch wie ein indeklinables Adjektiv verwendet: bei weiland König Heinrich(Schlegel), die weiland Königin (Gotter); heute veraltet bzw. ironisch. Verbindungen mit Präpositionen ↑ "unterweilen", jetzt verdrängt durch zuweilen, "bisweilen";
weilen spätahd. wilon, gemeingermanisches schwaches Verb;
1 intransitiv eigentlich ›zögern‹: die Fiedel stockt, der Tänzer weilt (Goethe), mit Dativ öfter bei Klopstock: weilst du der Nachtigall einst… im Lenz; gewöhnlich abgeschwächt gehoben ›sich aufhalten‹, verhüllend er weilt nicht mehr unter unsist tot‹;
2 veraltet transitiv literarisch, wohl von Klopstock eingeführt, ›weilen machen‹: der Lenz im Tanz weilt dich, daß die Wahl dich nicht weile; danach daß du durchaus nicht weilest den Rächenden (Voß), ↑ "verweilen".
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