Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
weichen
1 starkes Verb, ahd. wihhan, mhd. wichen, germanisch (altnord. vikja); ›einem Druck nachgeben, Platz machen, sich zurückziehen‹, ⇓ "S007" alliterierend seit dem Frühneuhochdeutschen weichen und wanken, unbestimmt, z. B. auf Naturerscheinungen bezogen wie "gehen": so oft die sonne kommt und weicht(J.Ch.Günther; L059 DWb), von Dämonen satan nicht weicht (Luther; L059 DWb), vielfach auch übertragen, häufig auch mit Verneinung aber doch nicht gerne weichesterbe‹ (Logau; L059 DWb), da kamen schwere zeiten, die nicht weichen wollten (W.Grimm; L059 DWb); mit Dativ seit Anfang des 13. Jahrhunderts, jmdm. weichen häufig auf Rangverhältnisse bezogen; daneben als Bezeichnung vor allem einer horizontalen Bewegung (vgl. zurückweichen); präpositional mit von: drei… nächte, während welcher seine mutter nicht von seinem bette wich (Klopstock; L059 DWb). entweichen, ⇑ "abweichen", "ausweichen", "verwichen",weich (ahd. ) germanisch (altnord. veikr, altengl. wac, engl. weak); ⇓ "S012" Gegensatz "hart", zunächst von festen Körpern, die einem Druck nachgeben, auch von anderen Aggregatzuständen: weiches [›wenig Kalk enthaltendes‹] Wasser, auch von Luft, Wind, Wetter, Klima; auf Geld o.ä. bezogen ›instabil‹ (weiche Währung), heute auch von Drogen ›nicht unmittelbar zur Abhängigkeit führend‹; ⇓ "S216" wie ↑ "hart" auch auf akustische, optische und geschmackliche Eindrücke bezogen, ein weicher Klang, sprachwissenschaftlich weiche (›stimmhafte‹) Konsonanten; weiche Gesichtszüge; auf die innere Befindlichkeit bezogen: Diederich Heßling war ein weiches Kind, das am liebsten träumte (H.Mann; L337 WdG); auch abwertend ›schwach‹, Gegensatz ↑ "streng"; stets ⇓ "S166" tadelnden Sinn haben weichlich, Weichling.
weichen2 ahd. weihhen, mhd. weichen, schwaches Verb, aus weich abgeleitet;
1weich werden‹: bald dann weichte das Wachs(Voß); ↑ "erweichen";
2weich machen‹, als Simplex selten: die Gewalt der näheren Sonne weichte das duftende Wachs (Voß), allgemein üblich aufweichen (den Boden), einweichen (Wäsche, Gerste usw.), dúrchweichen, Partizip Perfekt dúrchgeweicht: Der Regen hat die Pappe durchgeweicht(›mit Nässe durchdrungen‹); durchwéichen, Partizip Perfekt durchwéicht: Der Regen hat die Pappe durchweicht(›durch Nässe weich gemacht‹), als Zustandspassiv: Bis auf die Knochen muß der Junge durchweicht [›völlig durchnäßt‹] sein(Raabe; L337 WdG), die genannten Präfixverben werden nur auf die Wirkung von Flüssigkeiten bezogen, anders ↑ "erweichen";
Weiche1 ahd. weichi;
1Weichheit‹: wegen zu großer Weiche des Bodens(A.Stifter), die Luft… hatte wieder ihre alte Weiche gewonnen(Gutzkow), die Schönheit und Weiche der Jugend (Arndt);
2 (gewöhnlich im Plural) ›Flanke‹: Jetzt schmatzt er mit der Zunge, schreit und stößt dem Pferde die nackten Fersen in die Weichen (A107 Felix Hartlaub, Von unten 70);
Weiche2 Fem. , »Verbindungsglied in Gleisanlagen, das Abzweigungen und die Überführung auf ein anderes Gleis ermöglicht« (L337 WdG), erfunden für die Eisenbahnschienen 1832 von C.Fox, Übertragung eines älteren, in Anlehnung an 1weichen gebildeten Ausdrucks der Elbschiffahrt (vgl. L059 DWb);
die Weichen stellen (L337 WdG) ›einer bestimmten Entwicklung die Richtung weisen‹.
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