Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
weder
ahd. (h)wedar, mhd. weder, ursprünglich Pronomen ›wer (was) von beiden‹ (zu ↑ "wer" gehörig, griech. póteros, lat. uter), (wie lat. utrum) zur Einleitung von direkten (bis Anfang des 16. Jahrhunderts; L059 DWb) und indirekten (bis 14. Jahrhundert; L059 DWb) Doppelfragen: wedr ist ez übel, od ist ez guot… ? (Walther v. d.Vogelweide; L059 DWb), eigentlich ›welches von beiden ist es, schlecht oder gut?‹; L012 Otto Behaghel 3,334. Wie die anderen Fragewörter konnte es auch als Indefinitum gebraucht werden, so in Verbindung mit ie (1"je"), vgl. "jeder", jedweder, und mit der Negation, daher neweder, enweder ›keiner (keins) von beiden‹. Dies neweder wurde zur Konjunktion in Verbindung mit einem "noch" (ahd. ; L059 DWb): enweder übel noch guot, eigentlich ›keins von beiden, Schlechtes nicht und auch Gutes nicht‹, ↑ "entweder". Seit dem Mittelhochdeutschen statt neweder gewöhnlich weder, ursprünglich so, daß die Negation anderswie im Satz ausgedrückt war, dann aber auch ohne das. So entstand der jetzt übliche Gebrauch von weder – noch; mit ungewöhnlicher Stellung: Telemachos weder noch irgendein anderer (Voß; so öfter bei ihm); zuweilen neben einem vorhergehenden negierenden Wort: ohne daß wir bei seiner Beurteilung weder auf irgendein Gesetz, noch auf irgendeinen Zweck Rücksicht nehmen (Schiller). Dafür früher zuweilen weder – oder (mhd. ; L059 DWb): keine Anfrage zu beantworten, weder mit den Augen, oder durch Gebärden (Musäus), so kann es noch weniger als das Häßliche ein Gegenstand weder der Poesie oder der Malerei werden(Lessing) (weder, weil weniger geradezu als negativ gefaßt ist, welche Auffassung bei oder wieder verlassen ist). Häufiger weder – weder: kann weder sterben, weder leben (A279 Christoph Martin Wieland, I 12,64), bin weder Fräulein, weder schön (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,2607), weder im Hirschen, weder im Adler (Mörike; L059 DWb); nicht der galante Balkon, weder das ernste Kortil (Goethe; L012 Otto Behaghel 3,337ff.). Vom Alemannisch-Schwäbischen ausgehend (seit der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts; L059 DWb) ›als‹ nach Komparativ: Weisheit ist besser weder Gold (Luther); altertümelnd noch bei Voß, ferner eher dem Scherz gleich weder dem Ernste (Mörike; L059 DWb); noch jetzt mundartlich (L012 Otto Behaghel 3,336).
ahd. (h)wedar, mhd. weder, ursprünglich Pronomen ›wer (was) von beiden‹ (zu ↑ "wer" gehörig, griech. póteros, lat. uter), (wie lat. utrum) zur Einleitung von direkten (bis Anfang des 16. Jahrhunderts; L059 DWb) und indirekten (bis 14. Jahrhundert; L059 DWb) Doppelfragen: wedr ist ez übel, od ist ez guot… ? (Walther v. d.Vogelweide; L059 DWb), eigentlich ›welches von beiden ist es, schlecht oder gut?‹; L012 Otto Behaghel 3,334. Wie die anderen Fragewörter konnte es auch als Indefinitum gebraucht werden, so in Verbindung mit ie (1"je"), vgl. "jeder", jedweder, und mit der Negation, daher neweder, enweder ›keiner (keins) von beiden‹. Dies neweder wurde zur Konjunktion in Verbindung mit einem "noch" (ahd. ; L059 DWb): enweder übel noch guot, eigentlich ›keins von beiden, Schlechtes nicht und auch Gutes nicht‹, ↑ "entweder". Seit dem Mittelhochdeutschen statt neweder gewöhnlich weder, ursprünglich so, daß die Negation anderswie im Satz ausgedrückt war, dann aber auch ohne das. So entstand der jetzt übliche Gebrauch von weder – noch; mit ungewöhnlicher Stellung: Telemachos weder noch irgendein anderer (Voß; so öfter bei ihm); zuweilen neben einem vorhergehenden negierenden Wort: ohne daß wir bei seiner Beurteilung weder auf irgendein Gesetz, noch auf irgendeinen Zweck Rücksicht nehmen (Schiller). Dafür früher zuweilen weder – oder (mhd. ; L059 DWb): keine Anfrage zu beantworten, weder mit den Augen, oder durch Gebärden (Musäus), so kann es noch weniger als das Häßliche ein Gegenstand weder der Poesie oder der Malerei werden(Lessing) (weder, weil weniger geradezu als negativ gefaßt ist, welche Auffassung bei oder wieder verlassen ist). Häufiger weder – weder: kann weder sterben, weder leben (A279 Christoph Martin Wieland, I 12,64), bin weder Fräulein, weder schön (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,2607), weder im Hirschen, weder im Adler (Mörike; L059 DWb); nicht der galante Balkon, weder das ernste Kortil (Goethe; L012 Otto Behaghel 3,337ff.). Vom Alemannisch-Schwäbischen ausgehend (seit der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts; L059 DWb) ›als‹ nach Komparativ: Weisheit ist besser weder Gold (Luther); altertümelnd noch bei Voß, ferner eher dem Scherz gleich weder dem Ernste (Mörike; L059 DWb); noch jetzt mundartlich (L012 Otto Behaghel 3,336).