Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
was
ahd. (h)waz(8. Jahrhundert), mhd. waz;1 Interrogativpronomen
1.1welche Sache?‹: Was ist das? Eine Frucht, versetzte der Vater (A075 Johann Wolfgang von Goethe, I,24,3f.); Um's Himmels willen, Töchterchen, was gibt's? (A075 Johann Wolfgang von Goethe, I,21,4); auch in Fragen nach der Bedeutung eines Wortes: Flieh! Jüngling, flieh! rief er aus, was soll das mystische Wort heißen? (A075 Johann Wolfgang von Goethe, I,23,9); früher auch in Fragen nach der (Uhr-)Zeit: Was stund ist es? was hat es geschlagen? (L200 Josua Maaler 1561); Was ist die Glocke? (A222 Friedrich Schiller, Piccolomini 5,1); auch in Verbindung mit Präpositionen wie von oder zu: aber von was handelt die comödie?(Ch.Weise; L059 DWb); Lieber, / Zu was dient der Discurs? (A075 Johann Wolfgang von Goethe, I,9,47), dafür heute zumeist wovon, wozu;
1.2 schon mittelhochdeutsch auch im Sinne von ›warum?‹: glück zu, vatter! was bist betrübt? (Sachs; L059 DWb); Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Erlkönig);
1.3 ebenfalls schon mittelhochdeutsch in Ausrufen und emphatischen Feststellungen auch in der Bedeutung ›wie sehr‹: was freu ich mich nicht deiner, süsses mädchen! (Lessing; L059 DWb);
1.4 in rhetorischen Ausrufen und Fragen: dan was wusten wol die Deutschen von der sprachlehre… , wen es ihnen nicht die gelehrten gezeiget? (Gueintz; L059 DWb); was sind hofnungen, was sind entwürfe, / die der mensch, der vergängliche, baut?(Schiller; L059 DWb), dazu die leicht resignativen Floskeln was soll's, was hilft's, was weiß ich sowie Wendungen wie was hast du, was kannst duschnell, im Handumdrehen‹ (1776 Bode; L059 DWb), gesprochen zumeist was haste usw.; schon mittelhochdeutsch auch mit Negation, zumeist mit dem Zusatz alles: was haben sie nicht schon alles übersetzt, und was werden sie nicht noch alles übersetzen! (Lessing; L059 DWb);
1.5 mit Bezug auf ein Substantiv bzw. substantiviertes Adjektiv mittelhochdeutsch, frühneuhochdeutsch und z. T. noch bis ins 18. Jahrhundert zuweilen mit einem partitiven Genitiv verbunden: waz rates(Wolfram von Eschenbach; L059 DWb); was haben denn die Juden Vorteils (Luther); Was grossen leids? (L200 Josua Maaler 1561); was lermes, was geschwirres / von aufruhrschniffelei? (Voß; L059 DWb); dafür jetzt welchen Rat, was für einen Vorteil, welch großes Leid, wieviel Lärm und Geschwirre, es haben sich jedoch Fälle erhalten, in denen der ursprüngliche Genitiv nicht mehr als solcher empfunden und was zu einem adjektivischen Attribut des Bezugssubstantivs umgedeutet wurde: was innere Gaben mag nicht ein solcher Stutzer haben (Lichtwer); was gibt's neues in der burg (J. u. W. Grimm; L059 DWb); allgemein was Wunder (Genitiv Plural; bei Walter v. d.Vogelweide noch waz wunders; L059 DWb), auch was Teufel, was Henker, daneben wer Teufel, wer Henker (Schiller); danach sind dann auch gebildet auf was Art (seltener auf was Weise, z. B. bei Pestalozzi), zu was Ende: Zu was Ende die wälschen Namen für deutsche Personen? (A075 Johann Wolfgang von Goethe, I,5.1,246), wohl zunächst kanzleisprachlich, aber auch z. B. bei Schiller; selbst mit was lieblichem Bezeigen(Canitz); bei was Anlaß (Pestalozzi); von was Farben Sie wollen (Goethe); daran anschließend wohl die adjektivische Verwendung in wes Geistes Kind; vgl. auch wes Standes und Geschlechtes er auch sei (Luther); wes Namens (Schlegel); der ursprüngliche Genitiv von substantivierten Adjektiven wurde inzwischen zum Nominativ oder Akkusativ umgedeutet, vgl. was hat er Gutes getan, was er Gutes getan hat;
2 Relativpronomen, zu (1.1) bis (1.3), in Objektsätzen und abhängigen Fragesätzen: gnediger herr, thut uns ansagen, / was euch anleyt (Sachs; L059 DWb); Denn, was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1966f.); ich weisz nicht, was er sich um das einfältige mädchen so viel mühe macht(J.M.R.Lenz; L059 DWb); Was Fritz gut und verständig ist kann ich dir nicht ausdrücken (A075 Johann Wolfgang von Goethe, IV,6,198); hierzu das das Erzählen einer Geschichte oder einen Vorschlag einleitende weißt du was / wißt ihr was?: wisset ihr was, nicht selig, sondern ewig unglücklich bin ich(1687 Abraham a Santa Clara; L059 DWb) sowie Gott weiß was in der Bedeutung ›irgendetwas nicht näher Angebbares‹: Sehen Sie hier diesen glücklichen Menschen, der bald ein Capitalist oder Gott weiß was werden wird! (A075 Johann Wolfgang von Goethe, I,23,90); in Subjektsätzen: was kommen muszte, kam (Schiller; L059 DWb); zunächst ohne Beziehung auf ein Substantiv oder Pronomen, es kann aber durchaus ein das nachfolgen: was ir urteylt, das will auch ich (Sachs; L059 DWb); in der neueren Sprache hat was immer mehr in das ursprüngliche Gebiet von dasübergegriffen und steht nach das, etwas, nach substantivischen Adjektiven: alles, vieles, einiges, das Gute, das Beste (usw.), was; ferner mit Rückbezug auf einen ganzen Satz: Rudolf… paszte gut auf. was auch recht war (Fontane; L059 DWb); oft eingeschoben: er [der Leser] kann ja, was gewisz das beste ist, es[das Buch] recensiren (Schopenhauer; L059 DWb); zwar überwiegt das noch im 18. Jahrhundert, doch vgl. schon Luther: zu dem, was diese wider dich zeugen; gelegentlich auch die bei welche(r/ s) übliche, aber standardsprachlich nicht korrekte relativische Beziehung von was auf ein Substantiv (ähnlich "wo"[3]): das erste Papier, was sie in die Hände nimmt (Lessing); ein Frauenzimmer was die Mannsleute angreifen (Immermann); umgestellte Subjektsätze mit unpersönlichem Subjekt und damit völlig korrekt sind dagegen Formulierungen wie: es ist mein Herz, was gern beim Lob verweilt(Schiller), denn gemeint ist ›was gern beim Lob verweilt, ist mein Herz‹;
3 Indefinitpronomen, umgangssprachlich verkürzt aus ↑ "etwas", entweder allein als Satzglied oder mit Bezug auf ein substantiviertes Adjektiv: ich hör was vor der thür umb zausen (Sachs; L059 DWb); es ist was Gemeines (Schiller), vgl. auch irgendwas sowie oder was (wohl verkürzt aus oder so etwas [Ähnliches]): hätte ich in meiner jugend so viel gelesen und gelernt gehabt, ich wäre ein professor geworden, oder was (Brunner; L059 DWb);
4"S079" Gliederungspartikel, am Ende eines Satzes oder Gesprächsbeitrags ›Sprecher bittet um Rückmeldung bzw. Zustimmung (und bietet dem Hörer dann das Rederecht an)‹: Pfui Teufel! Ein Nachtspuk mit schönen Haaren. So etwas kannst du nicht leiden, was? (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 461), umgangssprachlich, v. a. berlinerisch auch wa: Mensch Meier, Sie geben aber auch nie auf, wa? (D.A236 Dietrich Schwanitz, Campus 302); (ärgerlich) ablehnend dagegen das erwidernde oder eine Antwort einleitende ach was (↑ "ach");
5"S185" Rückmeldepartikel, erstaunt-rückfragender Ausruf »Wenn man [«im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart»] jemandes Worte nicht verstanden hat, und man fragt elliptisch und absolute, was? für was sagten sie? so ist es ungesittet. Ein wenig höflicher ist in solchen Fällen, wie?« (L004 Johann Christoph Adelung) ↑ "wie": Was? wie? was sagst? (L200 Josua Maaler); Was? Wie? Ein offner kaiserlicher Brief (A222 Friedrich Schiller, Piccolomini 5,1); Der Cherusker. Varus kömmt! Hermann erhebt sich. Was! Der Feldherr Roms! Unmöglich! (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Hermannsschlacht 3,4); Was, gestern war es normal? Ja, bis auf die Sechs-Uhr-Nachmittagsmessung (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 287).
WasNeutr. , zu was(1): Die Frage: woher hat's der Dichter? geht auch nur auf's Was, von Wie erfährt dabei niemand etwas (A075 Johann Wolfgang von Goethe, I,42.2,175).
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