Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
wandeln
ahd. wantalon, mhd. wandeln;1 althochdeutsch ›(sich) verändern‹, jetzt gehoben, allgemein erhalten in verwandeln, umwandeln; in katholischen Gegenden noch gebräuchlich ›Brot und Wein zu Leib und Blut Christi werden lassen‹ (Wandlung). Zuweilen auch intransitiv (dafür üblich sich wandeln): was ewig wiederkehrt, nie wandelt (Tieck);
2 die ältere Bedeutung ›mit jmdm. verkehren‹ in handeln und wandeln bis ins 18. Jahrhundert; (zumeist substantivisch, s. unten);
3 ›hin- und hergehen‹ (14. Jahrhundert; L055 Duden Herkunftswörterbuch), durch Luther allgemein geworden; Perfekt mit sein, früher mit haben: die richtig vor sich gewandelt haben(Luther); konkurriert zunächst mit "wandern", seit Luther auf einen kürzeren, gewöhnlich ziellosen Gang bezogen, daher Berührung mit "spazierengehen"; hierher auch Wendungen wie in der Furcht Gottes wandeln (Luther) ›durchs Leben gehen‹; seit Klopstock (L059 DWb) auch
4 ›feierliches Schreiten‹, für das es jetzt allein noch gebraucht wird; heute oft spöttisch: sah Ottilie züchtig an Rasputins Arm durch mitteldeutsche Gärten wandeln (A083 Günter Grass, Blechtrommel 106); scherzhaft im Partizip Präsens auf Personen bezogen, z. B. ein wandelndes Lexikon (L320 Trübner) wenn jemand über ein großes Allgemeinwissen verfügt. ↑ "anwandeln".
Wandel spätahd. wandil (älter wantala), Rückbildung aus wantalon (siehe wandeln) im Ablaut zu "winden"; zunächst
1 ›Verkehr‹, auf die äußere Lebensführung bezogen; speziell ⇓ "S106" kaufmannssprachlich ›Austausch‹, erhalten in ⇓ "S243" Handel und Wandel (15. Jahrhundert; L059 DWb) ›Verkehr mit Menschen in der Gesellschaft‹; daneben mittelhochdeutsch
2 ›Wendung, Verwandlung, Wechsel‹, im 18. Jahrhundert wiederbelebt, besonders
2.1 ›Änderung‹, ein Wandel tritt ein, erfolgt (Ende des 18. Jahrhunderts; L059 DWb), speziell z. B. in der Sprachwissenschaft: "Bedeutungswandel", Lautwandel, Stilwandel; dazu Stimmungswandel, Gesinnungswandel;
2.2 rechtssprachlich ›Rückgang, Rückgängigmachen‹ (mittelhochdeutsch belegt, wohl älter), in einigen Spezialisierungen, z. B. ›Recht des Rücktritts‹, ›Entschädigung, Ersatz, Buße‹, übertragen ›kleineres Vergehen‹ (also eigentlich ›was gebüßt werden muß‹), mittelhochdeutsch sehr üblich, noch bei Luther, häufig ohne Wandel; vereinzelt noch im 19. Jahrhundert: rein alles Wandels (Hölty); wortspielend bei Rückert: ich bin in meinem Wandel ohne Wandel; allgemein
2.3 ›Abhilfe‹, noch in Wandel schaffen: um dem besorglichen Stand der afrikanischen Angelegenheiten Wandel zu schaffen (Th.Mommsen); im späteren Mittelhochdeutschen
3.1 ›Gang, Einherschreiten‹, seit dem 18. Jahrhundert wiederbelebt: diesen schönen gang betrachte, / die abgemessnen wandel (Platen; L059 DWb); gleichzeitig
3.2 ›Art der Lebensführung‹, moralisch gedeutet, durch Luther verbreitet, christlicher, frommer Wandel, Lebenswandel;
wandelbar mhd. wandelbære; wie das zugrundeliegende Substantiv wandel›mit Makel behaftet‹, noch bei Luther: wandelbare Glieder; noch im 18. Jahrhundert ›schadhaft‹: daß die Schließhaken durch die Zeit abgenutzt und die Bänder wandelbar waren (Goethe); durch Anlehnung an das Verb ›veränderlich, unbeständig‹ (heute gehoben), selten auf Örtlichkeiten bezogen ›so beschaffen, daß man darauf gehen kann‹: Felspartien… durch… sanfte Pfade gesellig wandelbar gemacht (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit 29,171).
2 die ältere Bedeutung ›mit jmdm. verkehren‹ in handeln und wandeln bis ins 18. Jahrhundert; (zumeist substantivisch, s. unten);
3 ›hin- und hergehen‹ (14. Jahrhundert; L055 Duden Herkunftswörterbuch), durch Luther allgemein geworden; Perfekt mit sein, früher mit haben: die richtig vor sich gewandelt haben(Luther); konkurriert zunächst mit "wandern", seit Luther auf einen kürzeren, gewöhnlich ziellosen Gang bezogen, daher Berührung mit "spazierengehen"; hierher auch Wendungen wie in der Furcht Gottes wandeln (Luther) ›durchs Leben gehen‹; seit Klopstock (L059 DWb) auch
4 ›feierliches Schreiten‹, für das es jetzt allein noch gebraucht wird; heute oft spöttisch: sah Ottilie züchtig an Rasputins Arm durch mitteldeutsche Gärten wandeln (A083 Günter Grass, Blechtrommel 106); scherzhaft im Partizip Präsens auf Personen bezogen, z. B. ein wandelndes Lexikon (L320 Trübner) wenn jemand über ein großes Allgemeinwissen verfügt. ↑ "anwandeln".
Wandel spätahd. wandil (älter wantala), Rückbildung aus wantalon (siehe wandeln) im Ablaut zu "winden"; zunächst
1 ›Verkehr‹, auf die äußere Lebensführung bezogen; speziell ⇓ "S106" kaufmannssprachlich ›Austausch‹, erhalten in ⇓ "S243" Handel und Wandel (15. Jahrhundert; L059 DWb) ›Verkehr mit Menschen in der Gesellschaft‹; daneben mittelhochdeutsch
2 ›Wendung, Verwandlung, Wechsel‹, im 18. Jahrhundert wiederbelebt, besonders
2.1 ›Änderung‹, ein Wandel tritt ein, erfolgt (Ende des 18. Jahrhunderts; L059 DWb), speziell z. B. in der Sprachwissenschaft: "Bedeutungswandel", Lautwandel, Stilwandel; dazu Stimmungswandel, Gesinnungswandel;
2.2 rechtssprachlich ›Rückgang, Rückgängigmachen‹ (mittelhochdeutsch belegt, wohl älter), in einigen Spezialisierungen, z. B. ›Recht des Rücktritts‹, ›Entschädigung, Ersatz, Buße‹, übertragen ›kleineres Vergehen‹ (also eigentlich ›was gebüßt werden muß‹), mittelhochdeutsch sehr üblich, noch bei Luther, häufig ohne Wandel; vereinzelt noch im 19. Jahrhundert: rein alles Wandels (Hölty); wortspielend bei Rückert: ich bin in meinem Wandel ohne Wandel; allgemein
2.3 ›Abhilfe‹, noch in Wandel schaffen: um dem besorglichen Stand der afrikanischen Angelegenheiten Wandel zu schaffen (Th.Mommsen); im späteren Mittelhochdeutschen
3.1 ›Gang, Einherschreiten‹, seit dem 18. Jahrhundert wiederbelebt: diesen schönen gang betrachte, / die abgemessnen wandel (Platen; L059 DWb); gleichzeitig
3.2 ›Art der Lebensführung‹, moralisch gedeutet, durch Luther verbreitet, christlicher, frommer Wandel, Lebenswandel;
wandelbar mhd. wandelbære; wie das zugrundeliegende Substantiv wandel›mit Makel behaftet‹, noch bei Luther: wandelbare Glieder; noch im 18. Jahrhundert ›schadhaft‹: daß die Schließhaken durch die Zeit abgenutzt und die Bänder wandelbar waren (Goethe); durch Anlehnung an das Verb ›veränderlich, unbeständig‹ (heute gehoben), selten auf Örtlichkeiten bezogen ›so beschaffen, daß man darauf gehen kann‹: Felspartien… durch… sanfte Pfade gesellig wandelbar gemacht (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit 29,171).