Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Waise
Fem. (für beide Geschlechter; ahd. / mhd. Mask. ; seit dem 18. Jahrhundert unterschieden nach dem Geschlecht Mask. und Fem. , L059 DWb), ahd. weiso, mhd. weise; ⇓ "S049" Schreibung mit -ai- aus dem Bayerischen-Österreichischen von Luther zur Unterscheidung von ↑ "Weise" und ↑ "weise" übernommen. Zunächst rechtlich ›Kind, dessen Eltern gestorben bzw. dessen Vater oder Mutter tot sind und das daher bis zur Mündigkeit unter Vormundschaft steht‹, heute auch ohne rechtliche Implikationen (Halbwaise, Vollwaise). Seit dem 12./ 13. Jahrhundert übertragen »von einer person, die von den ihrigen verlassen ist, hilflos und in bedrängter lage dasteht« (L059 DWb). Anfang des 18. JahrhundertsWaisenknabe, seit Mitte des 19. Jahrhunderts übertragen,
⊚⊚ unschuldig wie ein Waisenknabe; der reinste Waisenknabe sein; diesen… Dietrich von Quitzow… studie nach Bismarck, aber Bismarck waisenknabe daneben(Fontane; L059 DWb), Im Parlament geht's zu. / Was die für Schnäbel haben, – / Da sind wir Waisenknabe / Dagegen, ich und du (A216 Joachim Ringelnatz, Das Parlament);
verwaisen (mhd. ) ›zur Waise werden‹, auch übertragen soll der thron hier ganz verwaisen? (Tieck; L059 DWb); »sehr viel häufiger« (ebenda) das Partizip Prät. verwaist, auch übertragen so lag vor uns Athen, und die verwaisten säulen standen vor uns (Hölderlin; L059 DWb); ein verwaister Lehrstuhl.
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