Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
währen
ahd. weren, mhd. wer(e)n, verschieden von ↑ "gewähren", stammverwandt mit wesen (↑ 2"sein"); im Niederdeutschen dafür "wahren" (altsächs. waron; altengl. warian). Es ist in seiner Verwendung allmählich durch ↑ "dauern" eingeschränkt; zunächst1bestehen bleiben, sich in seinem Wesen erhalten‹: es war ihnen [den Tieren] Zeit und Stunde bestimmt, wie lange ein jegliches währen sollte(Luther), ich habe alles Dinges ein Ende gesehen, aber dein Gebot währetbleibt gültig‹ (Luther); noch in neuerer Sprache so lange der Vorrat währte. Sonst stehen jetzt zu währen nur Vorgangs- und Zustandsbezeichnungen als Subjekt, und es drückt nur
2 die Erstreckung über einen Zeitraum aus: Nur die Wahrheit währt, und selbst Uebelgesinnte oder Schwache, die sie nicht laut bekennen, fühlen sich insgeheim von ihr durchzuckt (1838 J.Grimm über seine Entlassung 4); häufig tritt ein Adverb hinzu, sprichwörtlich was lange währt, wird endlich gut (vgl. L333 Karl Friedrich Wilhelm Wander). Frühneuhochdeutsch stehen zuweilen Bestimmungen der räumlichen Erstreckung neben währen: der Streit währete bis gen Beth-Aven (Luther). Das Partizip Präsens
während als Adjektiv oder Adverb gebraucht in immerwährend, fortwährend, zu einer Präposition im 17./ 18. Jahrhundert entwickelt. Aus der absoluten Genitivkonstruktion (unter währendem GesprächeOpitz, in währender Zeit) wurde, indem man anders abteilte, die Präposition mit Genitiv (während der Zeit), umgangssprachlich und landschaftlich synonym dazu ⇑ 1"in", "unter", "durch" und "über" (vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 3–39); Gottsched kennt, verwirft aber den präpositionalen Gebrauch (L059 DWb), anders L004 Johann Christoph Adelung; in manchen Mundarten leben solche absoluten Genitivkonstruktionen noch heute fort; von neueren Schriftstellern werden sie entweder im Anschluß an die Mundarten oder altertümelnd nachgeahmt: in währendem Gehen (Mörike), in währender Zeit (Storm), bei währender Predigt (C.F.Meyer); auch ohne Präposition im Genitiv: währendes Krieges hat manches seinen Herrn verändert (Lessing), möge sich Ihr Wohlbefinden… währender guten Jahreszeit noch recht bestärken (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 25.7.21). Zeitlich daneben während mit Dativ: während dem Handgemenge (Lessing), während diesem Gespräche (Goethe; L004 Johann Christoph Adelung: »fehlerhaft«). Allgemein ist während zu einer Konjunktion entwickelt (noch nicht bei L004 Johann Christoph Adelung und L033 Joachim Heinrich Campe). Älter ist dafür während dem daß, während dessen daß, wofür kürzer während dessen (heute zusammengeschrieben): während dessen er die Gelegenheit wahrnimmt (Schiller); während dem: während dem der Offizier seine Zeche bezahlte (Hebel) und besonders während daß: während daß Gott sein erwähltes Volk führte (Lessing), während, daß sich die Herrschaft der Formen nach jeder anderen Richtung erweitert (Schiller; häufig bei ihm). Nicht selten wird durch die Konjunktion während ein Gegensatz eingeleitet, wie früher durch "wenn" und "anstatt" daß (L012 Otto Behaghel, Syntax 3,326); vgl. "langwierig".
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