Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Wagen
ahd. / altsächs. wagan, mhd. wagen, gemeingermanisch (altengl. wæg[e]n, krimgot. waghen), jünger, v. a. süddeutsch (L066 Jürgen Eichhoff, Karte 119), Wägen; Konkretbildung einer ↑ "bewegen" zugrunde liegenden Wurzel; im Gegensatz zu "Karre" ›ein (von Pferden gezogenes) Fuhrwerk zur Beförderung von Personen und Sachen‹, v. a. zur Personenbeförderung überdeckt: bedeckter Wagen (L037 Petrus Dasypodius), auch Rollwagen (ebenda), vgl. die Schwanksammlung Rollwagen-Büchlein (1555 J.Wickram), dann zur ↑ "Kutsche" usw. weiterentwickelt, noch in VerdeckwagenKutsche‹ und HalbverdeckwagenHalbkutsche‹ erhalten (beide »in Königsberg«, L171 Paul Kretschmer 312), auch in phraseologischen Bezeichnungen wie gelber WagenPostkutsche‹ (L320 Trübner): Hoch auf dem gelben Wagen / Sitz ich beim Schwager vorn (ebenda), schwarzer WagenLeichenwagen‹ (Fontane; L320 Trübner); für unterschiedliche Zwecke v. a. durch Zusammensetzungen kenntlich gemacht, Brautwagen, Festwagen, Heerwagen, Streitwagen, Kriegswagen, Krankenwagen, Postwagen (alle L308 Kaspar Stieler), Kinderwäglein (ebenda), Handwagen »leichter, bequem von einer Person zu ziehender Kastenwagen« (L264 Daniel Sanders), "Dienstwagen" ↑ "Dienst". Im kontextspezifischen Gebrauch kann das Simplex auch für ›Kutsche‹ usw. stehen: als die freunde nun gleich die geräumigen plätze genommen, / rollte der wagen eilig und ließ das pflaster zurück (Goethe; L059 DWb), auch kurz für Erntewagen: Schwer herein / Schwankt der Wagen / kornbeladen (A222 Friedrich Schiller, Glocke), dann auch für ›Automobil‹, hier eine Kurzform von Motorwagen (vor 1900; L081 FWb). Älter ist die Benennung des Sternbildes als Wagen (Hiob 9,9), aus der antiken Mythologie stammt der Sonnenwagen: den schöpffer lob ich alle tag, / noch vor der sonnen-wagen (Spee; L059 DWb).⊚⊚ jmdm. an den Wagen fahrenjmdm. zu nahe treten, jmdn. beleidigen‹ (1881; L320 Trübner), das fünfte Rad am Wagen seinüberflüssig sein‹ (L333 Karl Friedrich Wilhelm Wander).
Wagenburg zur Zeit der Hussitenkriege aufgekommen; ›zusammengeschobene Wagen zur Verschanzung im Krieg‹ (15. Jahrhundert; L320 Trübner), dann auch übertragen: Südafrika als Wagenburg;
Wag(e)ner (mhd. ) ⇓ "S212" süddeutsch ⇓ "S084" für norddt. "Stellmacher" (L171 Paul Kretschmer 485), beide Bezeichnungen als ⇓ "S067" Namen verbreitet;
WaggonEisenbahnwagen für den Personen- und Gütertransport‹ (1838; L081 FWb), aus dem ⇓ "S059" Englischen mit französischer Aussprache, zuvor vereinzelt ›Transport, Beiwagen‹.
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