Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
vorstellen
(16. Jahrhundert)1vor etwas/ jmdn. stellen‹, konkret: Stühle, einen Schirm, jmdm. Speisen vorstellen; frühneuhochdeutsch
2.1zur Wahl vorlegen‹: er hat dir Feuer und Wasser vorgestellet; greife, zu welchem du willst (Luther) sowie
2.2zur Befolgung vorlegen‹: und wandeln nicht in meinen Gesetzen und Rechten, die ich euch vorgestellet habe(Luther);
2.3bekanntmachen, präsentieren‹, auf Personen bezogen: und gedachte ihn [den gefangenen Petrus] nach den Ostern dem Volk vorzustellen(Luther), den Kläger dem Beklagten vorzustellen (A222 Friedrich Schiller, Stuart 1,7); seit Anfang des 17. Jahrhunderts (L059 DWb) zur Vermittlung der Bekanntschaft;
3darstellen‹, vom Schauspieler: ein Stück, eine Rolle, eine Person vorstellen, Euphanie müßte von einer guten Sängerin vorgestellt werden(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 25.12.00); nahe verwandt: was stellt das Gemälde vor?; ferner
3.1durch Worte vorführen‹: er stellte ihm die Sache von der heiteren Seite vor (Goethe), alles das, was er dem Amtmann vorstellen wollte(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Werther 19,147,2); gewöhnlich mit dem Nebensinn, daß auf die Entschließung dessen, an den man sich wendet, eingewirkt werden soll, er stellte ihm vor, was für schlimme Folgen daraus entspringen könnten; in diesen Gebrauchsweisen heute eher "darstellen"; seit dem 18. Jahrhundert zunehmend
3.2 sich etwas vorstellenzur inneren Anschauung bringenStell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin (Spruch der Friedensbewegung, 1980er Jahre).
Vorstellung (17. Jahrhundert) entspricht den verschiedenen Verwendungen von vorstellen: Vorstellung der neu ernannten Beamten bei Hof; Vorstellung im Theater, im Zirkus, Gastvorstellung; jmdm. Vorstellungen [›Vorhaltungen‹] wegen einer Sache machen; ich habe keine Vorstellung davon, kann mir keine Vorstellung davon machen; richtige, falsche Vorstellung, Vorstellungsvermögen;
Vorstellungsart (Ende des 18. Jahrhunderts), ein ⇓ "S126" Lieblingswort Goethes: an einem Leben ist ohnedem weiter nichts, nach meiner realistischen Vorstellungsart, als das Detail (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 4.2.96; ferner Lehrjahre 21,50; 22,113; 23,252; Brief vom Juni 74, 1.8.00);
vorstellig (17. Jahrhundert);
1 aktivisch in dem ⇓ "S010" Kanzleiausdruck bei jmdm. vorstellig werden;
2 veraltet passivisch in vorstellig machenvor die Anschauung bringen‹, die Wellenlinien, welche er auf der ersten Kupfertafel vorstellig macht (Lessing), der uns die Würde der menschlichen Bestimmung vorstellig macht (Schiller).
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