Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
vier
ahd. fior, mhd. vier, indogermanisch (engl. four, lat. quattuor, griech. téssares), dazu als Ordnungszahl vierter, ahd. fiordo, mhd. vierde, vierte;1 substantivisch, flektiert: Alle Viere / das ist / hend vnd füß binden (L200 Josua Maaler 1561), redensartlich geringe und einfeltige leute, die nicht viere können zelen (Luther; L320 Trübner), dafür heute
⊚⊚ nicht bis vier zählen können; verreckt es / und streckt alle viere von sich (A091 Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, Simplizissimus 315,11), heute umgangssprachlich alle viere von sich strecken, auf allen vieren gehen (Hauff; L109 Moriz Heyne), mit vieren [Pferden] fahren (L109 Moriz Heyne);
2 Adjektiv, ohne Flexion in seinen vier pfelen (Eulenspiegel; L059 DWb), dafür heute
⊚⊚ in seinen vier Wändenzuhause‹, an allen vier Eckenüberall‹ (L320 Trübner), dazu die feste Vierzahl: in meinen staaten liegen die vier winde (Schiller; L059 DWb), entsprechend die vier straszen (Moscherosch; L059 DWb), vier welttheile (Goethe; ebenda); verschönerungs-commission der vier jahreszeiten(Brentano; ebenda), vier evangelisten, vier farben, vier buchstaben verhüllend ›Popo‹ (alle L059 DWb),
sich auf seine vier Buchstaben setzen (mit unterschiedlicher Zwecksetzung); in Zusammensetzungen:
vierblättrig er hat ein vierpleterten kle (Sachs; L109 Moriz Heyne), »glückbringend und zaubermittel« (ebenda);
viereckig um 1400 viereckeht Lehnübersetzung von lat. quadrangulus; noch im 18. Jahrhundert mit messingnem viereckechten Rahmen(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 16.5.22), von L003 Johann Christoph Adelung 1780 und L033 Joachim Heinrich Campe 1811 als oberdeutsch bezeichnet; das liebe, treue, viereckige gesicht (Moltke; L109 Moriz Heyne); 16. Jahrhundert
Viereck (↑ "Geviert");
vierhändig »von Clavierstücken für zwei Spieler« (L109 Moriz Heyne) damit sie mit meiner tochter zuweilen vierhändig spielen (Benedix, Lustspielautor des 19. Jahrhunderts; ebenda).
Vierling spätmhd. fierlinc, früher vielfach als Maß- oder Gewichtsbezeichnung, eigentlich ›vierter Teil einer größeren Einheit‹, eine vierling voll wein (A091 Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen, Simplizissimus 3,412);
vierschrötig mhd. vierschrœtic, älter vierschrœte (ahd. fiorscroti), wohl eigentlich ›viereckig‹ (zu "Schrot" ›Abgehauenes‹, z. B. ›Block, Klotz‹), mittelhochdeutsch übertragen ›grob, klotzigder vierschrötge Schlingel (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Zerbrochener Krug, 7.Auftritt);
Viertel aus vierte Teil (ahd. fiorteil, mhd. viertel); der mond im letzten viertel (Hebel; L109 Moriz Heyne), nordwestdeutsch in Zeitangaben Viertel vor bzw. Viertel nach [z. B. sechs Uhr], wofür nordostdeutsch, süddeutsch und österreichisch dreiviertel [sechs] bzw. Viertel [sieben] (L066 Jürgen Eichhoff, Karte 39 und 40), Zusammenrückungen: Vierteljahr, Viertelmeile, Viertelstunde, Vierteltonmusik usw.; abgeleitet
vierteilen (mhd. ) für die mittelalterliche Hinrichtungsform, während vierteln (18. Jahrhundert) etwa wie dritteln, "halbieren" usw. gebraucht wird;
Vierung mhd. vierunge Lehnübersetzung von lat. quadratura; des zirkels [›Kreises‹] vierung (Lessing; L109 Moriz Heyne), heute nur noch Vierung des Kirchenraumes.
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