Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
vertreten
ahd. firtretan, mhd. vertreten u. a. ›an jmds. Stelle treten‹ wie auch reflexiv ›fehltreten‹;1.1 jmdn. vertretenfür jmdn. eintreten‹; auch im geistlichen Sinn: er [Jesus] ist uns gleich an fleisch und blut, / uns also zu vertreten (S.Dach; L059 DWb); der uns… beim vater stets vertritt (Fleming; ebenda);
1.2eine Rechtssache verteidigenvertritt dein sach selbs (L080 Joannes Frisius; ebenda);
1.3für eine Überzeugung eintretenmeines glaubens freiheit vertreten(Leibniz; ebenda); dazu ein Professor vertritt z. B. das Fach allgemeine Sprachwissenschaft an der Universität;
1.4die Stelle eines anderen ausfüllen‹, v. a. »sein amt versehen« (L059 DWb) sein Amtsgenosse vertrat ihn während seiner Krankheit (L033 Joachim Heinrich Campe); auch übertragen Thränen müssen meine Zunge vertreten(A239 William Shakespeare, Kaufmann 2,3);
1.5 »erst im 19. Jahrhundert« (L059 DWb) ›repräsentieren, darstellenda dieses buch… die gattung der picarischen romane vertritt (Gervinus; ebenda); die konservativen waren in der sitzung vollzählig vertreten (Ende des 19. Jahrhunderts; L059 DWb);
2.1 »tretend abnutzen« (L059 DWb), ›beschädigen‹, si vertraten bluomen unde gras(Hartmann von Aue; L059 DWb), auch die Spuren vertreten (Herder; L059 DWb), ›austreten‹ z. B. Schuhe vertreten, durch einen Fehltritt einen Fuß vertreten, bis hin zu ›vernichten‹ (»nur in älterer sprache«; ebenda) warum wirdet die sel dises… also von dem teüfel vertreten? (1502; ebenda);
2.2jmdm. den Weg versperrenReineke schnell vertrat ihm das thor (Goethe; L109 Moriz Heyne);
2.3 reflexiv ›sich ergehen‹, auch ›sich Bewegung machen‹, zunächst niederdeutsch (L004 Johann Christoph Adelung, L033 Joachim Heinrich Campe), im 19. Jahrhundert auch hochdeutsch (L059 DWb) er dehnt sich, steht auf und vertritt sich die beine(G.Hauptmann; ebenda).
Vertreter (mhd. );
1.1der in Vollmacht handeltvertreter des volkes (Klopstock; L059 DWb), auch moderner ⇓ "S181" rechtssprachlicher Begriff;
1.2der eine Lehre, Ansicht vertritt, Repräsentant einer Richtung‹ (L059 DWb); hiervon ausgehend wohl auch
1.3 n' übler vertreter »den man nicht leiden kann« (L059 DWb), wohl anfangs berlinisch (L254 Der richtige Berliner);
2"S147"HandelsagentVertreter eines Hauses (L218 Muret/ Sanders 1905), Ein Vertreter braucht die Anonymität. Sonst ist er unverkäuflich (A169 Franz Xaver Kroetz, Maria 142). Entsprechend
Vertretung (frühneuhochdeutsche Abstraktbildung).
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