Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
verstoßen
ahd. firstozan, mhd. verstozen;1 transitiv gewöhnlich ›von sich stoßen‹: ein Kind, einen Günstling verstoßen; auch mit Richtungsbezeichnung: zur Hölle, in ein dürr und wüst Land verstoßen (Luther), in die Wildnis hinaus sind des Waldes Faunen verstoßen (Schiller). Veraltet auch ›aus Not verkaufen‹: daß er sein Gut verstoßen müsse (Rabener), sein Hausgerät verstoßen(L004 Johann Christoph Adelung) und ›gewaltsam aus der Richtung bringen‹: zum heil'gen Lande steuert' er und ward vom Sturm verstoßen (Uhland). Mundartlich (süddeutsch) auch ›verstecken‹ (vgl. "stoßen"[1]), verstieß die Hände in die Kleider(Gotthelf). Nicht allgemein üblich ›durch Stoßen beschädigen‹: die alte verstoßene Mauer(G.Freytag);
2 intransitiv (Präteritum mit haben) ›gegen etwas handeln, einen Fehler machen‹, meist mit gegen(wider) verbunden, selten anders: es [das Genie] verstößt also so gröblich(Lessing). Dabei scheint teils die Vorstellung ›an etwas anstoßen‹, teils die Vorstellung ›in falscher Richtung stoßen‹ zugrunde zu liegen. Dazu früher Verstoßung: grobe Verstoßung wider die Quantität (Lessing), jetzt
Verstoß (1649 Spee; L059 DWb);
1 zu verstoßen(1) ›verstecken‹ die süddeutsche Wendung in Verstoß geratenverlegt werden, abhanden kommen‹, wenn wir irgendeine in Verstoß geratene Sache gesucht hatten (Rosegger);
2 gewöhnlich zu verstoßen(2): ein Verstoß gegen die guten Sitten.
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