Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
verschlagen
ahd. farslahan, starkes Verb;1 ein Faß, eine Kiste verschlagenzuschlagen‹; auch einen Raum verschlagendurch Bretter absondern‹ (↑ "verhauen"[2]);
2von sich wegtreiben, sich um etwas bringen‹: das Mädel… verschlägt mir am End' einen wackern, ehrbaren Schwiegersohn (A222 Friedrich Schiller, Kabale und Liebe 1,1); damit er sich die Fuhre nach Lauchstädt nicht verschlägt (Goethe); der Kaufmann verschlägt sich seine Kunden (L004 Johann Christoph Adelung); sich eine gute Heirat, sein Glück verschlagen (derselbe); es verschlägt Sie ja nichts (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 15.1.76). Etwas anders: wie Ihr die Wirtschaft hier Euch habt verschlagenzugrunde gerichtet‹ (Z.Werner);
3abseits vom eigentlichen Weg zufällig wohin treiben‹, zunächst wohl in bezug auf Schiffe und Seefahrer: er wurde vom Sturm auf eine wüste Insel verschlagen; niemand kann wissen, wohin er vom Schicksal verschlagen wird; übertragen das Arbeiten verschlug ihn auf Nebengedanken (Jean Paul). Hierher vielleicht neuere Wendungen wie der Schreck u.dgl. verschlug mir die Stimme, die Sprache, Als wenn ein Sturmwind vor ihrem Munde rauschte, der die Worte willkürlich verschlüge(A. v.Arnim; L264 Daniel Sanders); ↑ "versetzen"(6);
4 als Bezeichnung für eine Krankheit des Pferdes, die sich in Steifheit und Zittern der Füße äußert verschlagen haben: daß sein Pferd… wahrscheinlich, wie man zu sagen pflegt, verschlagen habe (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Lehrjahre 21,201,8);
5 es verschlägt nichts, wenigmacht nichts aus, ändert nichts an der Sache‹, was verschlägt das?, auch ohne Objekt: kein Mittel verschlägt bei ihm;
6 eine Flüssigkeit verschlägtgeht von kalter in laue Temperatur über‹; am üblichsten im Partizip Perfekt verschlagen (s. unten); ↑ "überschlagen"(1.2);
7 einen Ball verschlagen »daß man ihn nicht wieder finden kann« (L004 Johann Christoph Adelung), jetzt z. B. beim Tennis ›falsch schlagen‹. Das Partizipialadjektiv
verschlagen – neben ›lauwarm‹ zu verschlagen(6) – seit dem 15. Jahrhundert auch ›schlau, listig‹, was von der Bedeutung ›versteckt‹ ausgegangen zu sein scheint: Sie… haltens heimlich / Sind verschlagen vnd haben geschwinde Rencke (A180 Martin Luther, Psalm 64,7); heute zumeist auf den Gesichtsausdruck bezogen verschlagene Augen; mit den verschiedenen Bedeutungen spielt Rückert: Sei überall gewandt und verschlagen so kann es dir nicht verschlagenniemand wird dich verschlagen (L320 Trübner). ↑ "klug";
Verschlagenheit (17. Jahrhundert) List und Verschlagenheit im Kriege(Goethe);
Verschlag (L305 Christoph Ernst Steinbach 1734) zu verschlagen(1): ein Verschlag… worin sich ein Bild befindet (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 15.7.16); zu verschlagen(4) die Tränke halfen gegen Fieber und Verschlag (L.Francois); zu verschlagen(4)
Verschlagen wie seine Pferde eine Medizin gegen das Verschlagen einbekamen (Jean Paul); mundartlich auch für Erkältungszustände des Menschen.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: verschlagen