Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
verfassen
(mhd. ) früher in mannigfacher Verwendung wie einfaches "fassen", zu fassen(3) ›einfassen‹: daß man sie verfaßt für Diamante halten sollte (Lessing). Der jetzt übliche Sinn (eine Abhandlung, ein Buch verfassen; Verfasser um 1650, früher Schriftverfasser) geht – wohl unter Einfluß von lat. concipere – von einer Verwendungsweise aus, bei der, was in Worte gefaßt, durch Worte ausgedrückt wird, als Objekt steht, er schrieb denselbigen Traum und verfaßte ihn also (Luther); sogleich muß der Befehl zur Hinrichtung verfaßt werden(Schiller); besonders deutlich zeigt sich der ursprüngliche Sinn bei Konstruktion mit in: wenn es nicht in ein Lied oder Sinngedicht verfaßt ist (alte Übersetzung von Rousseaus Heloise); alles, was jene hochbegabte Nation in Worte verfaßt (Goethe). Die allgemeine Bedeutung ›in eine bestimmte Ordnung bringen, einrichten‹ liegt noch der AbleitungVerfassung (spätmhd.) zugrunde; ⇓ "S175" jetzt gewöhnlich kurz für Staatsverfassung. Man spricht aber auch von Gerichtsverfassung u. a. Nicht mehr recht geläufig in Fällen wie: von der Verfassung des ganzen Weltgebäudes(I.Kant); von der Verfassung meines Körpers und meines Geistes (Goethe), sich zu etwas in Verfassung [›Bereitschaft‹] setzen (Wieland, Goethe, Schiller). Heute durchaus üblich jedoch in guter/ schlechter körperlicher/ geistiger Verfassung mit Adjektiv statt Genitiv-Attribut.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: verfassen